Stellungnahme der Fraktion Klimaliste zur geplanten Erhöhung von Grund- und Gewerbesteuer im Tübinger Gemeinderat vom 26.6.2025

Vergangenes ist vergangen. Wir können es beklagen und betrauern – verändern können wir es nicht mehr.
Deshalb möchten wir nicht (auch noch) zurückblicken, um zu analysieren, wie wir in diese Lage geraten sind. Stattdessen wollen wir uns der aktuellen Situation und der Zukunft zuwenden.

Wir sind uns in diesem Raum – und das ist doch auch einmal schön – geschlossen einig über das Ziel: Wir wollen einen genehmigungsfähigen Haushalt aufstellen. Uneinigkeit herrscht lediglich darüber, welchen Weg wir dorthin wählen.

Grund- und Gewerbesteuer – das ist in den bisherigen Redebeiträgen bereits deutlich geworden – sind die beiden großen Stellschrauben, an denen wir derzeit drehen können. Zwei potenziell bedeutende Einnahmequellen, mit denen wir unsere zu hohen Ausgaben zumindest zum großen Teil decken könnten.

Es ist unpopulär, für die Betroffenen schmerzhaft und politisch schwer zu verantworten, diese Lücken über höhere Steuern zu schließen. Doch bislang hat niemand eine tatsächlich umsetzbare Alternative für das Jahr 2025 vorgeschlagen.

Damit bleibt nur die Frage: Welche Steuer wird wie stark angehoben?
Die Grundsteuer betrifft alle – Mieterinnen wie Vermieterinnen. In unterschiedlichem Maß – und dieses Maß wurde in diesem Jahr bereits massiv verändert. Das im vergangenen Jahr gegebene Versprechen, dass die Grundsteuerreform aufkommensneutral gestaltet wird, wird durch den Vorschlag der Verwaltung gebrochen.

Wir hätten uns das anders gewünscht, denn wir möchten das Vertrauen der Bürger*innen in die Politik bewahren. Eine Grundsteuer von 300 – also eine aufkommensneutrale – wäre daher aus unserer Sicht zu bevorzugen.

Ein Hebesatz der Grundsteuer von 300 würde gleichzeitig bedeuten, den Hebesatz der Gewerbesteuer auf 435 festzulegen. Ein hoher Sprung, wenn man nur die Zahlen hört: von 390 auf 435 – 55 Punkte. Doch rechnet man das auf das herunter, was ein Unternehmen tatsächlich an Mehrbelastung zu zahlen hätte, relativiert sich dieser Eindruck:
Nach Abzug der Freibeträge zahlen Unternehmen derzeit rund 13,65 % Gewerbesteuer auf ihre reinen Gewinne. Bei einem Hebesatz von 435 wären es 15,225 %. Eine Steigerung um etwa 1,5 %. Das ist nicht nichts – keine Frage.
Und dennoch scheint es uns sozial und ökonomisch vertretbar, auf die reinen Gewinne – nach Abzug von Personalkosten und allem drum und dran – rund 15 % Steuern zu erheben.

Der Vorschlag, den Hebesatz der Gewerbesteuer lediglich auf 400 zu erhöhen und dafür die Grundsteuer auf 360 festzulegen, erscheint somit als eine rein taktische Entscheidung. Sie zielt darauf ab, Unternehmen mit hohen Gewinnen in Tübingen zu halten oder anzuziehen.
Gleichzeitig bedeutet das, dass anderen Kommunen diese Einnahmen entgehen. Es handelt sich also um ein steuerpolitisches Taktieren zwischen Kommunen: Wer bietet den „schlaueren“ Steuersatz bei gleichzeitig möglichst hoher Lebensqualität? Wer macht den Standort für Betriebe besonders attraktiv?

Dass die Unternehmen in Tübingen von den bisherigen Sparmaßnahmen kaum betroffen sind, spielt in dieser Rechnung offenbar keine Rolle. Stattdessen werden durch den aktuellen Vorschlag erneut vor allem Privathaushalte belastet.
Das kann auch nicht im Interesse der Unternehmen sein – denn letztlich trifft es ihre Mitarbeiter*innen.

Das entspricht nicht unserem Verständnis von sozialer Gerechtigkeit.
Wir stimmen dem Vorschlag nicht zu.

(Jana Krämer)

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