Wahlprogramm Kommunalwahl 2024

Unser Programm als PDFTitelseite des Wahlprogramms

Liebe Tübinger*innen,

im Juni sind alle Wahlberechtigten aufgefordert, für den Gemeinderat und die Ortschaftsräte sowie für den Kreistag neue Mitglieder zu wählen, die die Stadtgesellschaft in diesen kommunalen Parlamenten vertreten werden. In diesem Jahr ist auf den Wahlzetteln ein neuer Name zu finden: die Klimaliste. Vielleicht stellen sich einige die Frage, weshalb wir als „Klimaliste“ in einer Stadt wie Tübingen antreten, die sich bereits das Ziel gesetzt hat, bis 2030 klimaneutral zu sein. Darauf wollen wir mit diesem Programm Antworten geben.

Das Jahr 2023 war nicht nur geprägt von den grausamen Kriegen in der Ukraine, Israel und Gaza, es hat uns auch aufgrund von unzähligen Extremwetterereignissen mit vielen Toten und Verletzten überall auf unserem Planeten gezeigt, was es bedeutet, in einer veränderten Klimarealität zu leben. Das vergangene Jahr markierte das heißeste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, mit einer Durchschnittstemperatur von fast 1,5°C über dem vorindustriellen  Niveau.  Gleichzeitig steigen die Treibhausgas-Emissionen weltweit weiter an. Die Folgen waren tödliche Hitzewellen wie im Juli in Südeuropa, China und den USA mit nie dagewesenen Rekordtemperaturen und monatelangen Waldbränden in Kanada. Ein Mittelmeer-Zyklon verwüstete zuerst Teile Griechenlands, Bulgariens und der Türkei und setzte anschließend Libyens Küstenregion unter Wasser, mit Tausenden von Toten. Eine extreme Dürre traf das Horn von Afrika. Und immer wieder trifft es diejenigen, die selbst am wenigsten zur Klimakrise beigetragen haben. 

Es berührt uns zutiefst, dass die weltweite Armut steigt und immer noch hunderte Millionen von Menschen keinen Zugang zu medizinischer Versorgung, sauberem Trinkwasser und Bildung haben. Gleichzeitig werden die reichsten Menschen immer reicher und unsere westlich geprägten Gesellschaften pflegen weiterhin einen Lebensstil, der von Überfluss und grenzenlosem Konsum geprägt ist. Drei Erden bräuchten wir, wenn alle Menschen so wie wir Deutschen leben würden. Es ist für uns offensichtlich, dass dies kein Modell für die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder sein kann.

Ausgangspunkt für die Politik der Klimaliste  ist deshalb die Überlegung, wie ein gutes Leben für alle Menschen, sowohl in Tübingen als auch weltweit, innerhalb der planetaren Grenzen aussehen kann. Alle sollen an den Allgemeingütern teilhaben können, die uns zur Verfügung stehen: sei es Wasser, Gesundheit, Bildung, Kultur oder Wohnraum. Ganz besonders wünschen wir uns das für die Menschen, für die das momentan noch nicht in ausreichendem Maße gegeben ist – in Deutschland sind das vor allem Menschen, denen aufgrund ihrer Biografie und prekären Lebensverhältnissen eine echte Teilhabe verwehrt bleibt. Diese Vision vertreten wir sowohl global als auch lokal. Denn globaler Wohlstand kann nur dann entstehen, wenn wir auch auf der lokalen Ebene gemeinsam entsprechend handeln. 

Gleichzeitig möchten wir auch eine Debatte anstoßen darüber, dass die meisten von uns Menschen in Tübingen weiterhin auf zu großem Fuße leben und damit – ohne es zu wollen –  zu einem großen Teil mitverantwortlich sind für die fortlaufende Zerstörung unserer Lebensgrundlagen durch unseren westlich geprägten Lebensstil im globalen Wirtschaftssystem. So werden jährlich 10 Millionen Hektar Wald weltweit gerodet (die Fläche eines Fußballfeldes alle vier Sekunden), vor allem für die Viehwirtschaft und Futtermittelproduktion. Die Nutztierhaltung verursacht  18% unserer weltweiten Treibhausgas-Emissionen,  belegt über ein Viertel der gesamten Landfläche der Erde und hat 70% des Amazonas-Regenwaldes zerstört. Durch unsere übermäßige Verwendung von Plastik gelangen jährlich 10 Millionen Tonnen Plastik in unsere Meere. Plastik ist in unserem Essen, in unserem Wasser und mittlerweile auch in unserem Blut nachweisbar. Die Liste kann nahezu endlos fortgesetzt werden.

Wir sind erschrocken angesichts dieser Auswirkungen, wollen aber nicht wegschauen, sondern auf kommunaler und regionaler Ebene Lösungen erarbeiten für ein alternatives Wirtschafts- und Gesellschaftssystem. Ein System, das bereits im Kleinen auf ein Leben innerhalb der planetaren Grenzen ausgerichtet ist. Und  das Tübingen gleichzeitig fit und resilient macht für eine Welt, die jederzeit mit katastrophalen Auswirkungen aufgrund der oben beschriebenen Krisen rechnen muss: Hitzewellen, Dürre, Starkregen, Stürme, aber auch das Zusammenbrechen von Nahrungsmittelketten oder Wasserknappheit. Dabei hat unsere Politik den Anspruch, wissenschaftliche Erkenntnisse unmittelbar zu berücksichtigen.

Wir möchten Tübingen zu einer klimagerechten Stadt machen. Klimagerecht, das bedeutet für uns die konsequente Orientierung am CO2-Restbudget von Paris für alle Lebensbereiche, eine Stadtplanung hin zu mehr Klimaresilienz und eine sozial gerechte Politik, die die Lebensqualität aller Bewohnenden im Blick hat, ganz besonders auch von Kindern und Jugendlichen.

Auch Phänomene wie Flucht und Migration werden angesichts der Klimakrise in starkem Maße zunehmen, so dass die gerechte Ressourcenverteilung genau wie eine menschenwürdige Politik der Migration und Integration zum Hauptthema unserer zukünftigen Gesellschaft werden.

Für ein „Weiter so“ mit kleinen Anpassungen ist es angesichts der globalen Herausforderungen mittlerweile zu spät. Wir brauchen Mut und neue Ideen und wir brauchen eine Beteiligung der gesamten Stadtgesellschaft, denn wir stehen vor den wahrscheinlich größten Herausforderungen der Menschheitsgeschichte. Unser globales Handeln in diesem Jahrzehnt wird das Leben der kommenden Generationen entscheidend beeinflussen. Wir haben es in der Hand, ob dieser Planet innerhalb unseres Jahrhunderts für Menschen weitgehend unbewohnbar wird oder ob wir es schaffen, ein gutes Leben für alle Menschen zu gewährleisten. Global kann das nur gelingen, wenn es auch im Lokalen umgesetzt wird. Mit Menschen, die den Mut haben, unsere Stadt ganz neu zu denken und neue Wege auszuprobieren. 

Wir laden Euch ein, zusammen mit uns diese Herausforderung anzunehmen!

Unser Programm basiert auf dem universellen Recht aller Menschen auf gesunde, sichere und gerechte Lebensverhältnisse und auf eine intakte Natur. Das Recht der Vielen auf ein gesundes Leben und eine lebenswerte Zukunft steht über den Privilegien der Wenigen, die kurzfristigen Überkonsum für sich beanspruchen. Es reicht eben nicht, dass wir unser Wirtschaftssystem in Zukunft mit regenerativer statt fossiler Energie speisen, denn die Ausbeutung unserer natürlichen Lebensgrundlagen wird dadurch nicht gestoppt und die Ungerechtigkeit bleibt bestehen. Für Klimagerechtigkeit braucht es deshalb mehr als die bloße Minimierung der CO2-Emissionen. Wir tragen sowohl Verantwortung gegenüber den am stärksten von der Klimakrise betroffenen Menschen im globalen Süden und den kommenden Generationen als auch gegenüber denjenigen, die durch Klimaschutzmaßnahmen in eine finanzielle Schieflage geraten könnten.

All dies müssen wir mitdenken, wenn wir eine klimagerechte Politik umsetzen wollen.

Ein gutes Leben für alle innerhalb der planetaren Grenzen

Wir möchten, dass wir als Menschen in Tübingen uns daher die Frage stellen, was wir für ein gutes Leben brauchen und für welche Zwecke wir unsere begrenzten Ressourcen einsetzen wollen.

Wir erkennen die Grenzen an, innerhalb derer uns die Natur ein dauerhaft gutes Leben ermöglicht und streben deshalb für Tübingen eine nachhaltige und kreislauforientierte Stadt an, die auch andere zur Nachahmung animiert. Wir wollen die Stadtpolitik konsequent an einem Paris-konformen CO2-Restbudget ausrichten, das heißt, Entscheidungen in allen städtischen Ressorts werden daran ausgerichtet, wie viel CO2 wir als Tübinger bereits ausgestoßen haben und wie viel Restbudget uns noch bleibt. Deshalb werden wir eine jährliche Klimabilanzierung sowie einen echten Klimavorbehalt für alle klimarelevanten Beschlüsse einführen. Das bedeutet, dass für jeden Beschluss die zahlenmäßige Auswirkung auf das  CO2-Restbudget und den Reduktionspfad dargestellt wird, sowie die sozialen Auswirkungen, um ggf. sozial benachteiligte Gruppen zu entlasten. Bei Beschaffungsvorgängen ist rechnerisch ein CO2-Schattenpreis zu berücksichtigen. Dieser gibt den klimaschädlichen Treibhausgasen einen fiktiven Preis und soll damit die Folgeschäden des CO2-Ausstoßes eines Produktes oder einer Lösung abbilden. Dadurch wird die über den gesamten Lebenszyklus ausgestoßene Menge ⁠Treibhausgas⁠ schon beim Einkauf als Kostenfaktor berücksichtigt. Infolgedessen werden innovative und klimafreundliche Technologien verstärkt bezogen und dadurch wettbewerbsfähiger.

In der Umsetzung von Klimagerechtigkeit in der Stadt spielt die Förderung sozialer Gerechtigkeit eine entscheidende Rolle. Klimaschutzmaßnahmen dürfen nicht zu Lasten von Bevölkerungsgruppen mit weniger Einkommen gehen, sondern sollen ihnen vielmehr Nutzen bringen. Zentrale Aspekte sind für uns günstige umweltfreundliche Verkehrsmittel, die Schaffung und Erhaltung von bezahlbarem Wohnraum sowie die aktive Einbeziehung aller gesellschaftlichen Gruppen in Entscheidungsprozesse.

Lebendige Demokratie durch kommunale Bürger*innenräte

Wofür soll unser knappes CO2-Restbudget eingesetzt werden? Welche Vorhaben sind uns im Hinblick auf die zukünftigen Herausforderungen wichtig, welche legen wir erstmal beiseite, weil ihr Nutzen zu gering ist im Verhältnis zur Belastung für Klima und Ressourcen? Über diese Fragen möchten wir einen Dialog in der Stadtgesellschaft initiieren, denn sie sind elementar bei der Betrachtung der Klimagerechtigkeit. 

Neben den bekannten und bereits von der Stadt angewandten Beteiligungsformaten möchten wir für zentrale Zukunftsfragen kommunale Bürger*innenräte einsetzen, denn wir sehen sie als wichtiges Instrument einer umfassenden Beteiligungskultur in unserer parlamentarischen Demokratie. Mit einer klaren Zielsetzung und im passenden Kontext haben Bürger*innenräte großes Potenzial, um die Stadtgesellschaft wirksam in politische Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Die Erfahrung mit Bürger*innenräten auf Bundes- und Landesebene zeigt aber auch, dass deren Ergebnisse oft von den Verantwortlichen für politische Entscheidungen ignoriert werden und medial untergehen. Damit dies in Tübingen nicht passiert, fordern wir eine  Selbstverpflichtung des Gemeinderats, sich mit den Ergebnissen zu beschäftigen und öffentlich Stellung zu nehmen.

Unsere Forderungen:

  • Weiterentwicklung des Klimaschutzprogramms der Stadt (das viel zu allgemein und unverbindlich gehalten ist) zu einem echten Klimaaktionsplan mit Orientierung am CO2-Restbudget von Paris und Darstellung eines Reduktionspfades einschließlich von jahresscharfen und messbaren Maßnahmen, wie ihn z.B. “LocalZero” empfiehlt
  • Einführung eines echten Klimavorbehalts für alle klimarelevanten Beschlüsse, der unter anderem zahlenmäßig die Auswirkungen auf das CO2-Restbudget, sowie die möglichen sozialen Auswirkungen auf benachteiligte Gruppen in der Stadt darstellt
  • Berücksichtigung eines CO2-Schattenpreises bei kommunalen Beschaffungsvorgängen
  • Jährliche Bilanzierung der Treibhausgas-Emissionen und damit verbundene Anpassung der Maßnahmen, um das Ziel der Klimaneutralität 2030 zu erreichen (nach dem Vorbild von Konstanz oder Marburg)
  • Einsetzen von kommunalen Bürger*innenräten für die wichtigen klimarelevanten Zukunftsfragen und eine Selbstverpflichtung des Gemeinderats, sich mit den Ergebnissen zu beschäftigen
  • Öffentlich gut sichtbare Darstellung der Zielerreichung der Klimaneutralität  in den wichtigsten Bereichen (z.B. durch eine Anzeige am Rathaus) und eine Verpflichtung zur Umsetzung von Sofortmaßnahmen, falls die Zielerreichung bedroht ist.

Raus aus der fossilen Abhängigkeit

Auch im Jahr 2024 ist Tübingen in hohem Maße abhängig von fossilen Energieträgern – zum Zeitpunkt der letzten Bilanzierung im Jahr 2019 waren dies nach Angaben der Stadt  84%.

Tübingen hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 klimaneutral zu sein. Das bedeutet, dass 2030 die menschlichen Aktivitäten in Tübingen netto keine Wirkung auf das Klimasystem (mehr) haben dürfen. Jegliche noch vorhandenen Treibhausgas-Emissionen (THG-Emissionen) müssen dann also durch Entnahme (sogenannte Kohlenstoffsenken) wieder ausgeglichen werden – beispielsweise durch die CO2-Bindung von Pflanzen im Stadtgebiet.

Wir unterstützen dieses Ziel ausdrücklich, glauben jedoch nicht, dass die Anstrengungen aktuell genügen, um dieses Ziel zu erreichen. Aufgrund fehlender regelmäßiger Bilanzierungen befindet sich Tübingen aktuell im„Blindflug“ und das nur sechs Jahre bevor es klimaneutral sein möchte!Auch ein Reduktionspfad, der messbar angibt, wie viele THG-Emissionen in welchem Jahr und durch welche Maßnahmen reduziert werden sollen, liegt bisher nicht vor.

 

Bei der Stromerzeugung ist Tübingen auf einem guten Weg und macht sich ganz besonders durch Photovoltaik und Windkraft von fossilen Energien unabhängig. Jedoch ist zu erwarten, dass der Strombedarf durch die Elektrifizierung der Mobilität und Wärmeversorgung deutlich steigen wird. Elektrische Speichersysteme sollen kurzfristige Überproduktion und Unterversorgung puffern. Alternative Speichertechnologien wie elektrisch gepumpte Wärmespeicher und Power-to-Gas müssen in Tübingen und Umgebung Fuß fassen, um mittel- und langfristig Energie speichern zu können. Nur so können wir unabhängiger werden von Energieimporten, die oft noch auf fossilen Energieträgern basieren.

Bei der zukünftigen Wärmeversorgung plant Tübingen einen starken Ausbau der Fernwärmenetze, flankiert durch den Bau von Solarthermie und Wärmepumpen. Die Stadtwerke haben hierbei eine zentrale Bedeutung für den Ausbau von Anlagen und den Ausbau des Wärmenetzes. Wir unterstützen die ehrgeizigen Ziele des kommunalen Unternehmens und den geplanten Ausbau des Fernwärmenetzes. 

Nachhaltige Wärmeversorgung: Holz ist nicht die Antwort

Leider setzt die Stadt gemäß des kommunalen Wärmeplans sehr stark auf Holz als Energieträger zum Betrieb der Fernwärmenetze. Allerdings ist Holz zum einen kein klimaneutraler Energieträger, wenn mehr THG-Emissionen freigesetzt werden, als durch das nachwachsende Holz gebunden werden können. Zum anderen macht sich Tübingen abhängig von Importen. Es ist leicht abzusehen, dass dies zu Problemen führen wird, wenn viele Kommunen in Deutschland ebenfalls auf Holz setzen. Wir dürfen unsere Wälder als wichtige Ressource im Kampf gegen die Klimakrise nicht aufs Spiel setzen.
Biogene Abfälle, die in der Kommune entstehen, wie Grünschnitt, Bioabfall, (Ernte-)Reste stadtnaher Landwirtschaft können durch chemische Verfahren wie der sogenannten Pyrolyse oder der Hydrothermalen Carbonisierung (HTC) unter Wärmeabgabe in Pflanzen- bzw. Biokohle umgewandelt werden. Diese kann zur Kohlenstoffspeicherung genutzt werden oder auch zum Humusaufbau, um damit die Fähigkeit des Bodens zu verbessern, Wasser und Nährstoffe zu speichern. Diese Verfahren eignen sich besonders dann, wenn es für die entstehende Wärme einen ganzjährigen Bedarf gibt, z.B. in der Industrie. Die Klimaliste unterstützt ausdrücklich solche Wärmequellen, die zusätzlich als CO2-Senken fungieren.

 

Um den Wärmebedarf der Stadt zu bedienen, ist der Betrieb von mehreren Großwärmepumpen notwendig. Falls – z.B. aus Platzgründen – kein Bau dieser großen Anlagen und deren Anschluss möglich ist, sind dezentrale Lösungen notwendig. Damit diese Inselsysteme mit Wärmepumpen und Nachbarschaftsnetzen planbar und im Betrieb rentabel werden, müssen ortskundige Menschen und Initiativen aus der Nachbarschaft oder dem Quartier zusammengebracht werden mit Handwerksleuten, die Fachwissen in dieser Technologie und in der Sanierung von Bestandsgebäuden haben. Die Klimaliste setzt sich aktiv ein für diesen Wissensaustausch, erweiternd zu bestehenden Instrumenten wie der “Energiekarawane”, und fördert die Ausbildung und damit Verfügbarkeit dieser Fachleute.

Unsere Forderungen:

  • Erstellung eines Treibhausgas-Reduktionspfades mit jährlichen Zielen sowie eines Bedarfsplans für regenerativ erzeugte Energie
  • Am Bedarfs- und Reduktionspfad ausgerichtete Planung weiterer Windkraft -und PV-Anlagen 
  • Installation von Photovoltaik muss auf allen Dächern möglich und gewünscht sein. Im Einflussbereich der öffentlichen Verwaltung (besonders bei Schulen und sonstigen öffentlichen Gebäuden) muss die PV-Anlage auf dem Dach Standard sein; wo Denkmalschutz oder andere Bauvorschriften betroffen sind, müssen Satzungen geändert oder Genehmigungen unkompliziert erteilt werden.
  • Unterstützung von Investitionen in Freiflächen- und Agri-PV-Anlagen, sowie PV-Überdachung von Parkplätzen und Parkhäusern
  • langfristige Minimierung des Einsatzes von Holz bei der Tübinger Wärmeversorgung und transparente Darstellung der Herkunft des Holzes.
  • Förderung kommunaler Pflanzenkohle/Biokohle-Anlage (z.B. in Form eines Pilotprojektes)
  • Beschleunigter Ausbau der Fernwärmenetze flankiert von Informationsmaßnahmen zu notwendigen Baustellen
  • Einsatz von Großwärmepumpen zum Betrieb der Fernwärmenetze, wo immer möglich, entsprechend der Potenzialanalyse im kommunalen Wärmeplan
  • Beschleunigter Ausbau von Speichertechnologien, um den Grad der Selbstversorgung mit Energie in Tübingen zu erhöhen und so möglichst unabhängig von fossilen Energieimporten zu sein.
  • Informations- und Werbemaßnahmen zu ökologischen Strom-Angeboten und zu Anschlussmöglichkeiten an Wärmenetze

Foto von Tower Electric Bikes auf UnsplashIn Tübingen sind bereits einige Schritte hin zu einer klimafreundlichen Verkehrswende umgesetzt worden. Die Fahrradinfrastruktur wurde gestärkt, zum Beispiel durch Fahrradparkhäuser am Bahnhof, Fahrradbrücken sowie breitere und gut gekennzeichnete Fahrradwege. Auch der öffentliche Nahverkehr wird durch höhere Taktungen und das kostenlose Fahren am Samstag bereits attraktiver. Die Infrastruktur für E-Mobilität und Carsharing sind in den letzten Jahren gefördert worden und sollen dies auch in den nächsten Jahren werden.

Trotzdem nimmt der motorisierte Individualverkehr in Tübingen weiterhin zu, wie steigende Pkw-Zulassungszahlen zeigen. Der Verkehr ist für rund ein Viertel der Tübinger Emissionen verantwortlich und es ist offensichtlich, dass die bisherigen Maßnahmen der Stadtverwaltung, diese zu reduzieren, nicht wirken. 

Verkehrswende JETZT!

Um bis 2030 auch im Bereich Mobilität klimaneutral zu sein, reichen kleine Anpassungen nicht mehr aus. Es bedarf einer umfassenden Kehrtwende hin zu klimafreundlicher und sozial gerechter Mobilität. Das derzeitige Verkehrskonzept der Stadt “Mobilität 2030 Tübingen” wurde im Jahr 2010 erarbeitet und muss als integrierter Teil des von uns geforderten Klimaaktionsplans fortgeschrieben bzw. erneuert werden. Dazu könnte Tübingen in einem vom Land geförderten Klimamobilitätsplan nach dem Vorbild von Freiburg darlegen, wie das Ziel der Klimaneutralität im Verkehr – auch im Verbund mit dem Umland – erreicht werden soll. 

Wir können klimafreundliche Mobilität noch attraktiver gestalten. Dazu müssen die umweltfreundlichen Verkehrsmöglichkeiten sicher, günstig, verlässlich und angenehm sein. Das erreichen wir, indem z.B. die Verfügbarkeit von Flächen und Investitionen für sanfte Mobilität erhöht und für den motorisierten Individualverkehr verringert wird. Getrennte Wege und Verkehrsführungen für unterschiedliche Mobilitätsarten beugen Gefahrensituationen vor. 

Menschen zu Fuß sind die empfindlichsten Verkehrsbeteiligten in der Stadt.  Mit der erfreulichen Zunahme und auch zunehmenden Elektrifizierung des Radverkehrs erhöht sich das Konfliktpotenzial auf gemeinschaftlich genutzten Verkehrswegen. Hier müssen Zufußgehende mehr Beachtung finden. Wir setzen uns für getrennte Radwege und die Erstellung eines Fußverkehrskonzepts ein, so dass Wege zu Fuß komfortabel und frei von Gefahrenstellen werden. Gerade für Menschen mit eingeschränkter Mobilität müssen auch längere Fußwegeverbindungen komfortabel zu bewältigen sein, indem sie z.B. ausreichend Sitz- und Rastmöglichkeiten, Schutz vor Sonne und Regen und Trinkbrunnen bieten. Für Schulkinder ist die Sicherheit der Schulwege weiter zu verbessern, indem z.B. Verkehrszonen um Schulen herum zu Schulbeginn und -ende für motorisierten Verkehr gesperrt werden.

Außerhalb der Fußläufigkeit müssen Fahrrad und ÖPNV die Verkehrsmittel der Wahl in Tübingen sein. Eine gute Erreichbarkeit mit dem Fahrrad gewährleisten wir durch sichere, baulich vom übrigen Verkehr getrennte Radwege, ein echtes Fahrradnetz anstatt eines Flickenteppichs an blauen Bändern und deutlich mehr Fahrradabstellplätzen überall in der Stadt.

Gleichzeitig müssen Bus und Bahn in Tübingen und im Landkreis möglichst günstig, flächendeckend und eng getaktet sein, sodass eine attraktive und sozial verträgliche Fortbewegung für alle möglich ist. Wir setzen uns für eine Reduzierung der Fahrpreise und den vollständigen Umbau auf E-Busse ein. Zusätzlich muss das ÖPNV-Angebot sicherer und flexibler werden, zum Beispiel durch Haltestellen mit bedarfsgerechter Beleuchtung und freiem WLAN bzw. gutem Mobilfunknetz oder flexible Haltemöglichkeiten bei Nachtfahrten. Wir unterstützen das Modellprojekt Seniorentaxi als Angebot für ältere Menschen, die aufgrund von Beeinträchtigungen nicht den TüBus nutzen können und wünschen uns eine Ausweitung auf das ganze Stadtgebiet.

 Auch auf Kreisebene werden wir uns vehement für einen besseren ÖPNV einsetzen. Das Chaos bei der Ammertalbahn ist eines Hochtechnologie-Landes nicht würdig und darf sich nicht fortsetzen oder wiederholen. Im Landkreis muss der ÖPNV endlich zur obersten Dringlichkeit erklärt werden und mit deutlicher Priorität vor dem Straßenbau behandelt werden. 

Durch P+R-Parkplätze an den Stadträndern mit integriertem TüBus-Ticket kann die Innenstadt vom Autoverkehr entlastet werden. Dort möchten wir Fahrspuren und Parkplätze zurückbauen oder umwandeln zugunsten von Fahrrädern, Lieferverkehr, mobilitätseingeschränkten Personen, E-Mobilität, Sharing-Angeboten oder Grünflächen. Parkgebühren für Kraftfahrzeuge sollen erhöht und nach dem Treibhausgas-Ausstoß und dem Gewicht der Fahrzeuge gestaffelt sein. Das Sharing-Angebot für Fahrzeuge muss weiter ausgebaut werden, hier muss die Stadt auch besonders Quartiers- und Nachbarschaftsinitiativen unterstützen.

Nein zum Schindhaubasistunnel!

Ein Großprojekt vor den Toren Tübingens stellt das Ziel der Klimaneutralität komplett in Frage: der geplante Bau des Schindhaubasistunnels, der frühestens 2035 fertiggestellt werden soll. Laut Aussage des Regierungspräsidiums soll er zu einer Entlastung der Anwohnenden an der B27 in der Südstadt führen. Dieses Projekt lehnen wir aus mehreren Gründen ab.

Einerseits würden beim Bau Unmengen an CO2 freigesetzt und weitere Flächen versiegelt . Darüber hinaus entstünde eine Investitionsruine, bei der Geld und Ressourcen verschwendet würden für eine Infrastruktur, die so in Zukunft nicht mehr benötigt wird. Denn zur Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels von Paris ist es erforderlich, den motorisierten Individualverkehr bis 2035 auf die Hälfte zu reduzieren. Damit wird die Ausgangslage als Anlass zum Bau des Schindhaubasistunnels sich bereits zum Zeitpunkt der voraussichtlichen Fertigstellung völlig verändert haben.

Das Vorhaben versperrt den Blick auf alternative Lösungen zur Entlastung der Anwohnenden, die kurzfristig und klimafreundlicher umgesetzt werden können. Mit Pförtnerampeln an den Ortseinfahrten, die nur einen bestimmten Zufluss gestatten, können der Durchfluss in der Südstadt besser gesteuert und die Engstellen entlastet werden. Eine Geschwindigkeitsbegrenzung reduziert Lärmemissionen. Zusätzliche Querungshilfen können die trennende Wirkung der B27 abmildern. Die Förderung von Fahrgemeinschaften durch die Einführung einer Vorzugs-Spur für Fahrzeuge mit mehreren Personen kann die Menge an Autos reduzieren, genauso wie Schnellradwege oder als langfristige Alternative der Ausbau der Zollern-Alb- und der Neckar-Alb-Bahn. Die Möglichkeit, von einem P+R-Parkplatz über eng getaktete Shuttlebusse Bahnverbindungen oder Direktbusse in die Region zu erreichen, könnte die Kfz-Durchfahrt durch die Südstadt entbehrlich machen.

Unsere Forderungen:

  • Erstellung eines aktuellen Klimamobilitätsplans für die Stadt Tübingen sowie den Landkreis Tübingen
  • Sichere Schulwege (z.B. durch erweiterte Parkverbote in der Umgebung, Straßensperrungen zu Schulbeginn/-ende)
  • Erstellung eines Fußverkehrskonzepts mit Sitzmöglichkeiten, Schutz vor Regen und Sonne und Trinkbrunnen
  • Ausbau der Fahrradwege zu einem echten Netzwerk
  • Sichere Fahrradwege durch bauliche Trennung vom Auto- und Fußverkehr:  Autospuren müssen, wo nötig, schmaler werden, manche Spuren müssen bei zweispurigen Straßen ganz entfallen
  • Verleih von E-Lastenrädern an Supermärkten und in der Innenstadt
  • Einführung der Mobilitätsgarantie im Landkreis Tübingen von 5-24 Uhr an 7 Tagen die Woche im Halbstundentakt , ggf. mit Verkehr auf Abruf
  • 15-Euro-Deutschlandticket für alle Menschen in Tübingen, die keinen Führerschein haben 
  • 0-Euro-Deutschlandticket in der Stadt Tübingen für Menschen in Schule, Ausbildung und Studium, Menschen mit Kreisbonuscard und Menschen in Rente
  • Kostenloses Schüler*innen-Ticket im Kreis Tübingen, finanziert durch Land und Kreis
  • Alle Haltestellen mit wettergeschütztem Wartebereich und gutem Mobilfunknetz
  • Einen Fahrgastbeirat mit Vertretungen aus Umwelt- und Sozialorganisationen und einer Geschäftsstelle beim Landkreis für alle Belange des ÖPNV und als Ansprechstelle für die Öffentlichkeit.
  • Schnellerer Ausbau der E-Infrastruktur: E-Ladepunkte, E-Busflotte etc.
  • Stärkung von Carsharing-Angeboten, besonders von E-Autos
  • Reduktion der innerstädtischen Parkflächen um 10% pro Jahr (nach dem Vorbild von Paris) und paralleler Ausbau der Parkmöglichkeiten für Fahrräder
  • Einrichtung von P+R Parkplätzen am Stadtrand mit Shuttlebussen im 15-Minuten-Takt
  • Park-Tarife in Abhängigkeit vom Treibhausgas-Ausstoß und vom Gewicht der Fahrzeuge für öffentliche Parkplätze und Anwohnenden-Parkausweise
  • Einführung eines autofreien Sonntags pro Monat für das gesamte Stadtgebiet
  • Tempo 30 innerorts überall in Tübingen
  • Umsetzung eines autofreien Uni-Campus Wilhelmstraße und damit verbunden die teilweise Aufhebung des Einbahn-Innenstadt-Rings
  • Bevorzugung von Fahrgemeinschaften durch „Fast-Lanes“ (z.B. auf der B27) 
  • Zügige und dauerhafte Umsetzung der Schnellbus-Shuttles als Alternative zur Innenstadtstrecke der Regionalstadtbahn
  • Ablehnung des Schindhaubasistunnels durch die Stadt Tübingen und Umsetzung sofortiger Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung an der B27, wie beispielsweise Tempo 30 und Pförtnerampeln
 

Unsere Stadtgesellschaft wird durch alle Menschen bereichert, die hier leben – völlig unabhängig von Alter, Beeinträchtigungen, Familiengeschichte, Geschlecht, Glaube, Hautfarbe, Herkunft, Lebensstil oder Sexualität. Alle Menschen in Tübingen sind Teil unserer vielfältigen, offenen und solidarischen Stadtgemeinschaft.

In einem gemeinschaftlichen Tübingen wollen wir Menschen zusammenbringen und für eine gute Lebensqualität für alle einstehen. Der Schlüssel hierzu sind Solidarität, Abbau von Barrieren und Vorurteilen sowie eine chancengleiche Teilhabe. 

Tübingen für alle!

Neben der Unterstützung von Geflüchteten und Menschen mit Behinderungen möchten wir die Rechte aller Minderheiten in Tübingen stärken. Denn Tübingen soll eine Stadt für alle werden können! Im Sinne dieser Grundgedanken möchten wir die Rechte und die Teilhabe aller marginalisierten Gruppen in Tübingen ausdrücklich stärken.

Besonders liegt uns die Haltung der Stadtgemeinschaft zu Migration und Integration am Herzen. Migration wird aufgrund der Verschärfung der Klimakrise für viele Menschen auf der Welt Lebensrealität werden oder bleiben. Sie wird damit auch unser Leben und unsere Gesellschaft dauerhaft prägen und deshalb ist es umso wichtiger, langfristige Wege des Zusammenlebens und der Gemeinschaft zu finden. Wir betrachten Migration nicht als Problem, sondern als Tatsache und Chance. Menschen, die zu uns kommen, können unsere Gesellschaft bereichern und vielfältiger werden lassen. Sie bringen ihre Lebensrealitäten, Erfahrungen und Fähigkeiten in die Gemeinschaft ein und verändern unseren Blickwinkel. 

Wir möchten Strukturen schaffen, damit Menschen gut und schnell in Tübingen ankommen und sich willkommen fühlen – durch vermehrte Angebote der Integration und Sprachvermittlung, des kulturellen Austauschs und der Einbindung in den Arbeitsmarkt. Gerade in der aktuellen Arbeitsmarktsituation in Tübingen, in der Arbeitskräfte in allen Bereichen fehlen, kann dies eine Erleichterung für alle Beteiligten darstellen – indem der Arbeitsmarkt mit mehr Angeboten ausgestattet wird und die Betroffenen die Möglichkeit erhalten, zu arbeiten.

Eine Schlüsselrolle beim Umgang mit Migration haben die städtischen Behörden.

Wir halten es für bezeichnend und Ausdruck einer eher ablehnenden Grundhaltung, dass das sogenannte „Ausländeramt“ in Tübingen dem Fachbereich “Bürgerdienste, Sicherheit und Ordnung” zugeordnet ist. Andere kommunale Behörden wie etwa in Sigmaringen und auch der Landkreis Tübingen betrachten Migration und Integration nicht zuvorderst als Thema der öffentlichen Sicherheit, sondern richtigerweise als Teil der Sozialfürsorge oder gleich als eigenständigen Fachbereich. Wir fordern, eine solche Änderung der Zuordnung auch in Tübingen umzusetzen.  

Dies wäre ein erster Baustein hin zu einer migrationsfreundlichen Grundhaltung von Behörden und städtischen Institutionen, die an dem Prozess der Aufnahme und Integration von Geflüchteten beteiligt sind. Wir setzen uns dafür ein, dass Mitarbeitende im Umgang mit Geflüchteten sensibilisiert werden, Verfahren beschleunigt und Arbeitserlaubnisse so schnell wie möglich ausgestellt werden. Hierzu kann zum Beispiel die Einstellung einer juristischen Fachkraft zur weiteren Unterstützung sinnvoll sein. 

Eine solidarische Stadtgemeinschaft ist immer auch eine inklusive Stadtgemeinschaft. Die Klimaliste Tübingen setzt sich für die Umsetzung der Erklärung von Barcelona von 2009 in Tübingen ein. Das bedeutet, dass Barrierefreiheit als wichtiges Instrument zur Teilhabe, wo immer möglich, geschaffen oder ausgebaut werden soll. So sollen beispielsweise Behindertenparkplätze vom Rückbau des Parkraums ausgenommen sein. Die Teilnahme an Bürger*innenräten in der Stadt soll selbstverständlich auch für Menschen mit Behinderungen möglich sein. Wir unterstützen den Aktionsplan Inklusion und fordern, dass er konsequent umgesetzt wird.

Auch im Umgang mit den Geschlechtern müssen Barrieren abgebaut werden. Die Gleichstellung aller Geschlechter und Teilhabe von queeren Personen müssen selbstverständlich werden. Das gelingt, auch ohne Gruppen gegeneinander auszuspielen. Unisex-Toiletten z.B. tragen zur Überwindung der Geschlechtertrennung bei und stehen nicht im Widerspruch dazu, Toilettenräumen als Schutzraum auch speziell für FLINTA-Personen zur Verfügung zu stellen. Von der Beseitigung von Angsträumen, zum Beispiel durch ausreichend, gezielte und bedarfsgerechte Beleuchtung, profitieren alle Menschen gleichermaßen.

Solidarität braucht es in besonderem Maße auch mit Menschen, die von Armut betroffen, alt sind oder beides. Zugang zu Bildung, Kultur, Mobilität, Pflege und Gesundheitsfürsorge sowie gesunder und ökologischer Ernährung darf nicht an einem mangelnden oder geringen Einkommen scheitern. Menschen, die alt oder mobilitätseingeschränkt sind, müssen wir in unserer auf Effizienz und Geschwindigkeit ausgerichteten Gesellschaft umso mehr in unsere Mitte nehmen und ihnen in ausreichendem Maß Raum und Zeit geben. 

Unsere Forderungen:

  • Akzeptanz der Aufgaben, die mit Migration und Integration langfristig einhergehen werden
  • Eingliederung des “Ausländeramts” in den Fachbereich “Soziales” 
  • Entwicklung einer migrationsfreundlichen Grundhaltung aller Behörden: Migration als Möglichkeit und Chance für unsere Gesellschaft
  • Beschleunigung von Verfahren im Zusammenhang mit Migration, besonders bei der Erteilung von Arbeitserlaubnissen
  • Förderung von inklusiven Kultur- und Freizeitangeboten, die für alle zugänglich und barrierefrei gestaltet sind: Begegnungs- und Bewegungsorte für alle, vom Kleinkind bis zur mobilitätseingeschränkten Person
  • Förderung von Projekten und Initiativen, die das Bewusstsein für die Rechte und Bedürfnisse von marginalisierten Gruppen stärken
  • Stärkung von Beteiligungsformaten und Gremien, in denen Menschen mit Behinderungen ihre Perspektiven und Bedürfnisse einbringen können
  • Aufbau und Stärkung von Netzwerken zwischen verschiedenen Agierenden, wie Behörden, Organisationen, Vereinen und Betroffenen, zur gemeinsamen Umsetzung von Inklusionsprojekten
  • Schutz und Stärkung von marginalisierten Gruppen

Familien spielen eine Schlüsselrolle bei der Gestaltung einer nachhaltigen Zukunft. In der Familie werden Werte vermittelt und Verhaltensweisen vorgelebt, hier entwickelt und verfestigt sich das Bewusstsein für Nachhaltigkeit. Gleichzeitig ist das Leben von Familien mit Kindern und Jugendlichen reich an Herausforderungen, kein Tag ist wie der andere. Der Wunsch nach mehr Ökologie und Umweltgerechtigkeit im eigenen Alltag stößt da leicht an seine Grenzen. Wir möchten es Familien erleichtern,  sich nachhaltig und klimabewusst zu verhalten, indem wir die dafür notwendigen Strukturen unterstützen. Dies umfasst die Förderung von umweltfreundlichen Mobilitätslösungen wie Fahrradanhänger und E-Lastenräder. Auch vergünstigte Familientickets im TüBus, in Museen oder in Hallen- und Freibädern sind wichtige Bestandteile der Unterstützung von Familien, ebenso wie die Schaffung von barrierefreien öffentlichen Räumen als Begegnungs-, Lern- und Bewegungsorte für alle Generationen. Ganz im Sinne von Bildung für nachhaltige Entwicklung setzen wir uns für Programme ein, die Familien dabei unterstützen, Umweltbewusstsein und ökologische Verantwortung zu stärken. Die bestehende Initiative der Stadt  gegen Kinderarmut „Gute Chancen für alle Kinder“ unterstützen wir ausdrücklich. 

Jugend braucht Platz

Jugendliche brauchen Orte der Begegnung im öffentlichen Raum, die sicher, aber zugleich von der Erwachsenenwelt abgeschieden sind und die auch einen Schutz vor Wetter bieten. In Tübingen gibt es zu wenige dieser Orte, wie eine Befragung der mobilen Jugendarbeit Tübingen aus dem Jahr 2022 zeigt. Gerade am Wochenende sind außerdem die meisten städtischen Jugendräume und Jugendhäuser geschlossen – das ist für uns nicht nachvollziehbar und muss geändert werden.

Beteiligung von Kindern und Jugendlichen

Wir möchten unseren Kindern und Jugendlichen eine zukunftsfähige und gesunde Stadt hinterlassen. Ein zentrales Anliegen der Klimaliste Tübingen ist es deshalb, sie auf altersentsprechende Weise an Entscheidungsprozessen zu beteiligen und so über ihre eigene Zukunft mitbestimmen zu lassen. Zwar hat Tübingen bereits einen Jugendgemeinderat, jedoch sind seine Mitbestimmungsrechte zum einen auf ein Rede-, Anhörungs- und Antragsrecht im Gemeinderat beschränkt. Zum anderen gibt es keine angemessene Vertretung von Kindern, die nicht im jugendlichen Alter sind, sodass auch ihre Perspektiven in die Stadtgestaltung mit einfließen können. Um Kinder und Jugendliche besser in Entscheidungsprozesse einzubinden, setzen wir uns dafür ein, dass ihre Interessen bei kommunalen Planungsprozessen im Vorfeld über Befragungen und kindgerechte Formate ermittelt werden. In den von uns geforderten kommunalen Bürger*innenräten müssen Jugendliche selbstverständlich ebenfalls entsprechend berücksichtigt werden. 

Wir setzen uns dafür ein, dass Tübingen am Programm„kinderfreundliche Kommune“ von Unicef Deutschland und dem deutschen Kinderhilfswerk teilnimmt, um so das gleichnamige Siegel zu erhalten. Das Programm zielt auf die konsequente Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention auf kommunaler Ebene, so dass kommunale Angebote, Planungen und Strukturen im Sinne der Kinderrechte verbessert werden. Als Teil des Programms fordern wir die Einrichtung einer städtischen Beschwerdestelle für Kinder und Jugendliche sowie eine Informationskampagne der Stadt, um Kinderrechte und -bedürfnisse bekannter zu machen. Wir setzen uns außerdem für die Umsetzung einer städtischen Website für Kinder ein, um relevante Informationen für Kinder in geeigneter zielgruppenspezifischer Form zur Verfügung zu stellen. 

Stadtsanierungen müssen auf die Schaffung von urbanen, kindgerechten Lebensräumen ausgerichtet sein. Dies zeichnet sich beispielsweise dadurch aus, dass Straßen, Gehwege und Spielplätze sicher und leicht zugänglich sind. Es gibt klare Markierungen, sichere Überwege und gut beleuchtete Bereiche. Es braucht ausreichende und vielfältige Spielplätze sowie Grünflächen, die Kindern die Möglichkeit geben, sich frei zu entfalten, zu spielen, Sport zu machen und zu lernen. Damit Kinder sich sicher und eigenständig durch Tübingen bewegen können, setzen wir uns  für sichere Wege für den Fußgänger- und Fahrradverkehr sowie gut zugängliche und sicher gestaltete öffentliche Verkehrsmittel ein.

Unsere Forderungen:

  • Unterstützung für Familien bei der Umsetzung eines nachhaltigen Lebensstils durch entsprechende Förderprogramme
  • Die Teilnahme Tübingens am Programm„Kinderfreundliche Kommune“ der Unicef und des Kinderhilfswerks
  • Die Einrichtung einer städtischen Beschwerdestelle für Kinder und Jugendliche
  • Schaffung sowie Ausweitung von Begegnungsorten für Jung und Alt, mit Schwerpunkt für Jugendliche, z.B. durch die Erweiterung der Öffnungszeiten von städtischen Jugendräumen und Jugendhäusern am Wochenende.
  • Neuausrichtung der Stadtsanierung zur Schaffung urbaner, kindgerechter Lebensräume. 
  • Neue Beteiligungsformate für Kinder und Jugendliche erproben und einführen, beispielsweise durch Kreativ-Workshops oder geführte Stadtrundgänge, bei denen Kinder ihre Perspektive einbringen können.

Werden junge Menschen zwischen 16 und 19 Jahren aktuell nach ihren Zukunftsängsten befragt so befinden sich unter den fünf größten Ängsten Kriege, Einsamkeit im Alter und Klimaveränderung. Es ist anzunehmen, dass noch jüngere Menschen ebenfalls von vergleichbaren Ängsten betroffen sind. Wir als Klimaliste wollen diese kommenden Generationen stärken, damit die Probleme hinter diesen Ängsten effizient bewältigt werden können. Im Mittelpunkt stehen dabei junge Menschen, die Optimismus und Solidarität erfahren, Veränderungsbereitschaft lernen und ihre eigene Wirksamkeit erfahren. Das sollen sie in der Schule und in der Stadtgesellschaft vorgelebt bekommen. 

Kompetenzen für die Welt von morgen lernen

Konkret bedeutet das, dass erstens junge Menschen Konfliktfähigkeit z. B. mittels Mediation erlernen. Zweitens muss die soziale Teilhabe in der Gesellschaft intensiviert werden, um einer sozialen Isolation entgegenzuwirken. Niederschwellige kulturelle Angebote und die Einrichtung von Begegnungsstätten liefern hier einen entscheidenden Beitrag. Drittens gilt es, Zukunftsperspektiven bezüglich der Klimakrise aufzuzeigen und gemeinsam zu entwickeln. Das kann beispielsweise an „Frei-Days“ geschehen: Schultage, an denen Kinder und Jugendliche sich gemeinsam mit aktuellen gesellschaftlichen und ökologischen Herausforderungen beschäftigen, die sich an den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen orientieren. Sie entwickeln dadurch Hoffnung und Zuversicht für ihre Zukunft, da sie sich als selbstwirksam und handlungsfähig erleben. Komplexe Zusammenhänge dieser Krise können durch passende didaktische Formate verständlich gemacht  werden (z. B. Schulgarten in Permakultur für die Funktion Klimaresilienz oder „Klima-Puzzles“). Schulen und Kindergärten sollen mit Priorität energetisch saniert und mit PV-Anlagen ausgestattet werden.

Betreuung für alle Kinder in den Tübinger Kindergärten

Die aktuelle Situation der Betreuung in den Tübinger Kindergärten ist unzureichend, das ist uns und allen Beteiligten klar. Der Personalmangel in den Kindergärten führt zu verkürzten Öffnungszeiten und Überlastungen des pädagogischen Personals, was wiederum zum weiteren Verlust von Fachkräften führen kann. Deshalb muss das Halten von bestehendem Personal und die Gewinnung von Fachkräften für die Kindergärten im Fokus stehen: Durch Ausbildungen, höhere Attraktivität des Jobs und kreative Lösungsansätze, die im Einklang mit der Qualitätssicherung der pädagogischen Arbeit stehen. Wir sprechen uns deshalb gegen eine Erhöhung der Kinderzahlen in den Gruppen aus, da dies nur scheinbar und kurzfristig das Problem fehlender Plätze behebt. Der Vorschlag, den sogenannten “Erprobungsparagrafen” zu nutzen, ist aus unserer Sicht denkbar. Mit dem Erprobungsparagrafen kann auf Antrag von Regelungen des Kindertagesbetreuungsgesetzes (KiTaG) und der Kindertagesstättenverordnung (KiTaVO) abgewichen werden, um neue Betreuungsmodelle auszuprobieren. Dabei müssen jedoch verschiedene Aspekte mitgedacht und sichergestellt werden. Zunächst ist klar, dass nicht ausgebildete Personen keine pädagogischen Fachkräfte ersetzen können, weshalb sie bei der Betreuung unterstützen, diese aber nicht eigenverantwortlich übernehmen können. Inwiefern dies tatsächlich als Unterstützung wirken kann und nicht zu einer Mehrbelastung der pädagogischen Fachkräfte führt, liegt im Ermessen der Fachkräfte. Essentiell ist auch die Sicherstellung der Qualität im pädagogischen Handeln. Dafür braucht es klare Konzepte, bevor wir uns für einen solchen Versuch aussprechen können. Die zeitliche Begrenzung des Einsatzes von nicht ausgebildeten Personen unterstützen wir explizit – den Erprobungsparagrafen verstehen wir als Übergangs- und nicht als Langzeitlösung.
Die Abwerbung von Fachkräften aus anderen Gemeinden (z.B. mit Abwerbe-Prämien) löst das Grundproblem des fehlenden Personals nur lokal und verschiebt es von einer Gemeinde in die nächste. Langfristig muss der Beruf der pädagogischen Fachkraft in Kindergärten deshalb überregional aufgewertet werden, so dass die bestehende Belegschaft gehalten wird und mehr junge Menschen dafür gewonnen werden können. Das kann über das Gehalt, über die Arbeitsbedingungen oder auch durch gezielte Werbung für den Beruf in Schulen geschehen. Tübingen soll hier mit gutem Beispiel vorangehen und damit auch Impulsgeberin für die Umlandgemeinden sein. Wir unterstützen deshalb beispielsweise das 14-Euro-Deutschlandticket für Erziehungskräfte sowie eine konsequente Umsetzung des familienfreundlichen Arbeitens. Auch die Einbindung geflüchteter Menschen in den Beruf unterstützen wir und damit einhergehend die städtische Förderung aller dafür notwendigen Maßnahmen, wie Beratungen,  Weiterbildungen und Sprachkurse. Ziel muss es bleiben, eine Betreuung für alle Kinder in Tübingen zu ermöglichen, und das in einem Umfang, der den sonstigen Alltag der Kinder und Eltern bestmöglich unterstützt. 

Unsere Forderungen:

  • Einführung von Angeboten sowohl zu Achtsamkeit als auch zu Mediation an Kindergärten und Schulen
  • Förderung von Natur- und Waldpädagogik, sowie das Erlernen handwerklicher und landwirtschaftlicher Fähigkeiten
  • Bereitstellung von Aneignungsräumen für urbane Labore durch Konzeptvergabe ohne wirtschaftliche Interessen, beispielsweise durch Zwischennutzung leerstehender Gebäude
  • Permakulturgarten in Bildungseinrichtungen zur Vermittlung von Aspekten der Biodiversität, Resilienz und eines selbstregulierten Kreislaufs
  • Einführung des „Frei-Days“ an den Tübinger Schulen auf Basis der 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen, um unsere Kinder auf Anforderungen einer veränderten Zukunft vorzubereiten (Bildung für nachhaltige Entwicklung)
  • Angebot von Klima-Puzzles an Schulen zur Vermittlung der wissenschaftlichen Grundlagen des Klimawandels
  • Aufwertung des Berufsfeldes von pädagogischen Fachkräften durch Verbesserung der Rahmenbedingungen
  • Austesten kreativer Übergangslösungen bis zur Ausbildung von mehr Fachkräften in den Tübinger Kindergärten, unter Sicherstellung der pädagogischen Qualität der Arbeit und der (Weniger-/Mehr-)Belastung von pädagogischen Fachkräften (z.B. Erprobungsparagraf)
  • Städtische Förderung von Maßnahmen zur Förderung der Aus- und Weiterbildung von geflüchteten Menschen als pädagogische Fachkräfte in Kindergärten 
  • Mehr Planungssicherheit für Schulen durch Kopplung des Schulbudgets an die Inflationsrate 

Tübingen hat eine vielfältige und lebendige Kunst- und Kulturszene, die den Menschen in der Region jedes Jahr unzählige Möglichkeiten bietet, Ausstellungen, Performances, Konzerte, Theater, Comedy, Kabarett, Tanzvorführungen, Filmvorführungen, Discos und vieles mehr zu besuchen. Die Menschen hinter den Kulissen üben ihre Kunst oft mit Herzblut und viel Idealismus aus. Tübingen muss diesen reichhaltigen Schatz noch stärker als bisher fördern und wertschätzen.

Wir erkennen die bedeutende Rolle von Kunst und Kultur als Instrument zur Förderung eines nachhaltigen und klimagerechten Wandels an. Unsere Vision für eine zukunftsfähige Gesellschaft integriert Kunst und Kultur als treibende Kraft für Bewusstseinsbildung, sozialen Zusammenhalt und positive Veränderungen. 

Kulturelle Vielfalt fördern: Nachhaltigkeit als lebendiges Gemeinschaftsprojekt

Kultur ist weit mehr als Unterhaltung und ästhetischer Ausdruck. Sie prägt Identitäten, formt Werte und kann den Weg zu einem bewussteren Umgang mit unserer Umwelt ebnen. Daher setzen wir uns für eine Kulturförderung ein, die Projekte und Initiativen unterstützt, welche die Prinzipien der Nachhaltigkeit und Klimagerechtigkeit widerspiegeln. Innovative Ansätze, die die Verbindung zwischen Kultur und Umweltbewusstsein stärken, verdienen besondere Unterstützung.

Unsere Überzeugung ist, dass Kultur als Motor für Gemeinschaft und Resilienz fungieren kann. Daher unterstützen wir Projekte, die die Gemeinschaft stärken und widerstandsfähige Netzwerke aufbauen. In Zeiten multipler Krisen spielt Kultur eine entscheidende Rolle dabei, die soziale Resilienz zu fördern und Menschen zusammenzubringen. Kultur soll dabei allen zugänglich sein. Wir fördern Projekte, die die Vielfalt unserer Gesellschaft repräsentieren und inklusive Räume schaffen. Die Einbindung verschiedener Perspektiven und Stimmen ist entscheidend für eine lebendige und gerechte Kulturlandschaft, sei es im Theater, im Kino, in Tanz- und Performanceveranstaltungen, in Diskussions- und Austauschformaten. Um diese Inklusion herzustellen, möchten wir Kultur und Kunst viel häufiger und stärker in den öffentlichen Raum integrieren. Kunst und Kultur müssen allen Menschen niederschwellig zugänglich sein!

Ein positives Beispiel ist die Kulturnacht – ein wahres Fest der Kultur für die gesamte Stadtgesellschaft. Wir brauchen solche Angebote aber nicht nur einmal alle zwei Jahre, sondern das ganze Jahr über. Theater am Marktplatz, Tanz auf dem Holzmarkt, ein Konzert auf dem Haagtorplatz, ein Büchertisch der Stadtbücherei vor dem Nonnenhaus, …

Wir unterstützen die Fortführung der bestehenden Vielfalt im Tübinger Kulturangebot, wie die französischen Filmtage, das Cine Latino, das Sommernachtstheater und -kino, private Angebote an Veranstaltungen und vieles mehr. Wir setzen uns auch für die Erweiterung dieser Angebote ein, besonders dann, wenn sie Perspektiven bieten, die in der bisherigen Kulturlandschaft noch unterrepräsentiert sind. Wir unterstützen die Idee, leerstehende Ladenflächen für kulturelle Angebote zu nutzen und die Stadt so lebendiger und bunter zu gestalten.

Bei der Organisation kultureller Veranstaltungen setzen wir uns für umweltfreundliche Praktiken ein. Die Verwendung von Mehrweg-Geschirr, die Nutzung erneuerbarer Energien und die Förderung nachhaltiger Optionen für Mobilität sind dabei essentielle Aspekte.

Die Klimaliste Tübingen betrachtet Kultur als Schlüssel zur Transformation hin zu einer nachhaltigen und klimagerechten Gesellschaft. Unser kulturpolitischer Ansatz vereint Kreativität, Bildung und Gemeinschaft, um eine lebendige und zukunftsfähige Kulturlandschaft zu gestalten.

Unsere Forderungen:

  • Kulturförderung an Kriterien der Nachhaltigkeit sowie der gesellschaftlichen Resilienz und Vielfalt ausrichten
  • Eine vielfältige Stadtkultur fördern, in der Menschen sich in ihrer Identität, Sexualität und Herkunft frei ausleben und einbringen können 
  • Förderung von Orten und Einrichtungen, die eine demokratische Streitkultur ermöglichen
  • Begegnungsstätten im öffentlichen Raum schaffen, die auch für Kulturangebote wie Theater, Musik, Kunst spontan und niederschwellig genutzt werden können
  • Weitere Stärkung und Unterstützung der Vielfalt im Tübinger Kulturangebot, um vielseitige Perspektiven zu ermöglichen
  • Kultur verstärkt in den öffentlichen Raum bringen durch Angebote wie die Kulturnacht, aber auch Veranstaltungen der Volkshochschule, des LTT, der Stadtbücherei, etc. auf öffentlichen Plätzen – niederschwellig und für alle nutzbar

Tübingens Wirtschaft ist der Motor unseres Wohlstands. Sie gibt uns Arbeit und Einkommen und schafft die materielle Grundlage für unser Leben. Doch das hat seinen Preis: Denn zur Wahrheit gehört auch, dass die Gesamtheit der Tübinger Wirtschaft mit ihren vielfältigen Betrieben für einen Teil der Treibhausgas-Emissionen in Tübingen verantwortlich ist. 

Das möchten wir ändern: Eine Transformation hin zu klimaneutraler Betriebsweise der Tübinger Wirtschaft bedeutet wie auch in anderen Bereichen vor allem  eine Elektrifizierung von Dampf- und Wärmeerzeugung, wobei dieser Strom regenerativ erzeugt werden muss, am besten durch unternehmenseigene PV-Anlagen. Wir möchten die Betriebe bei dieser Transformation unterstützen und Vorbild-Betriebe fördern. 

Die Grenzen des Wachstums

Tübingens Wirtschaftskraft ist in den vergangenen 20 Jahren kontinuierlich gewachsen und hat der Stadt sprudelnde Steuereinnahmen beschert. Die Entwicklung auf der Oberen Viehweide ist ein Beispiel dafür, wie neben der Errichtung von Gewerbebauten auf zuvor unbebauten Grundstücken und damit verbundener weiterer Bodenversiegelung auch die Anzahl der Erwerbstätigen in der Stadt gestiegen ist. Dies übt zusätzlichen Druck auf den Wohnungsmarkt und den Pendelverkehr aus. 

Als Klimaliste möchten wir bewusst fragen, wie lange die Wirtschaft in Tübingen angesichts der oben erwähnten Nebeneffekte noch wachsen soll. Grenzenloses Wachstum in einem System mit begrenzten Ressourcen, mit begrenzten Flächen, begrenztem Wohnraum und begrenzten Mobilitätsmöglichkeiten funktioniert weder global noch in Tübingen. Es wird also eine Grenze für die Neuansiedlung und die Flächenerweiterung von Gewerbebetrieben geben müssen. Wir möchten den Dialog, den bereits zivilgesellschaftliche Gruppen wie das “Bürgerprojekt Zukunft” dazu initiiert haben, in den Gemeinderat und die breite Stadtgesellschaft tragen.

Wir setzen uns dafür ein, Bodenflächen nicht weiter zu versiegeln und besonders keine neuen gewerblichen Bauflächen mehr auf Tübinger Gemarkung auszuweisen. 

Die Tübinger Wirtschaft lebt und profitiert von der Nähe zur Universität. Dies war ausschlaggebend für die Entwicklung von vielen namhaften Tübinger Unternehmen und ist entscheidend für zahlreiche Start-Ups und Spin-Offs. Wir möchten vor allem diesen kleinen Unternehmen mit nachhaltigen Geschäftsmodellen weiterhin Möglichkeiten geben, sich hier zu gründen und zu wachsen. Gleichzeitig möchten wir die Ansiedlung von neuen Firmen nicht mehr im bisherigen Maß vorantreiben und auch die Erweiterung bestehender Gewerbebetriebe wird an Grenzen stoßen, was verfügbare Flächen angeht.  Diese möchten wir daher in Kooperation mit umliegenden Gemeinden dabei unterstützen, im Tübinger Umland zu wachsen oder dort Niederlassungen zu gründen – idealerweise in bestehenden leerstehenden Gebäuden und Gewerbebrachen. 

Wirtschaft und Wohlstand muss im regionalen Kontext gedacht werden und kann nicht immer nur aus der Tübinger Brille gesehen werden. Wenn eine nachhaltige, auf Kreislauf ausgelegte Wirtschaft in der gesamten Alb-Neckar-Region prosperiert, profitiert auch Tübingen davon. 

Umbau zur Kreislaufwirtschaft

Aus der Erkenntnis heraus, dass die Ressourcen auf unserem Planeten begrenzt verfügbar sind und wir eine verantwortungsvolle und zukunftsfähige Wirtschaftsweise benötigen, setzen wir uns für eine Transformation hin zu einer Kreislaufwirtschaft ein, die sozial, wirtschaftlich und ökologisch nachhaltig ist.

Unser Ziel ist es, die Ressourcennutzung im Landkreis Tübingen zu optimieren und gleichzeitig Umweltauswirkungen zu minimieren. Wir befürworten Sharing-Netzwerke und die Förderung von innovativen Modellen der Kreislaufwirtschaft, die darauf abzielen, Abfall zu vermeiden, Ressourcen effizient zu nutzen und Produkte am Ende ihres Lebenszyklus zu recyceln oder wiederzuverwenden. Durch die Stärkung regionaler Initiativen möchten wir nicht nur ökologische Vorteile erzielen, sondern auch lokale Wirtschaftskreisläufe stärken und neue, nachhaltige Arbeitsplätze schaffen.

Die Transformation in eine Kreislaufökonomie wollen wir zum Beispiel im Baugewerbe über kommunale Vorgaben und die Berücksichtigung bei  der Ausschreibung von Bauleistungen ankurbeln, so dass die Stadt bis 2035 vollständig zirkulär baut. Die notwendigen Flächen für Baustoffrecycling wollen wir zusammen mit dem Landkreis strategisch sichern.

Postwachstum und Gemeinwohl

In einer Gesellschaft, die zunehmend auf zirkuläre Wirtschaftskreisläufe setzt, weniger Produkte neu kauft, sondern repariert, teilt und länger nutzt, werden viele Geschäftsmodelle von heute nicht mehr tragfähig sein. Wir möchten Tübingens Unternehmen fit machen für eine Postwachstums-Ökonomie, in der der Fokus auf nachhaltigem Wohlstand und Lebensqualität liegt. Unsere Vision ist es, lokale Unternehmen dabei zu unterstützen, alternative Geschäftsmodelle zu entwickeln, die nicht ausschließlich auf quantitativem Wachstum basieren, sondern vielmehr qualitative, soziale und ökologische Ziele haben und im Einklang mit den Werten des Gemeinwohls stehen. Dies soll durch gezielte Fördermaßnahmen erreicht werden. Wir möchten somit Tübingen zu einer Modellkommune für Gemeinwohl-Ökonomie machen. Als ersten Schritt mit Vorbildcharakter sehen wir daher, dass Tübingen selbst eine “Gemeinwohl-Gemeinde” wird, indem die Stadt eine Gemeinwohl-Bilanz erstellt. Durch die Förderung einer Erstellung von Gemeinwohl-Bilanzen für die Tübinger Gewerbebetriebe verschafft die Stadt diesen bei Ausschreibungen und Vergaben einen echten und klimawirksamen Vorteil.

Unsere Forderungen:

  • Keine Ausweisung zusätzlicher Gewerbeflächen.
  • Kooperationen mit umliegenden Gemeinden für eine gemeinsame Wirtschaftsstrategie, die es Unternehmen erleichtert, sich auch im Umland anzusiedeln und zu vergrößern
  • Kopplung von Wirtschaftsförderungsprogrammen an einen Nachweis der Treibhausgas-Einsparung 
  • Eine Roadmap zur Kreislaufökonomie: Bis 2035 Umsetzung eines vollständig zirkulären städtischen Bauens 
  • Ausweitung der Pflicht, Mehrwegverpackungen anzubieten  auf alle gastronomischen Betriebe unabhängig von ihrer Fläche
  • Förderung von Repair-Cafés, Sharing-Netzwerken und Second-Hand-Märkten, sowie gezielte Unterstützung von Betrieben, die gebrauchte Produkte anbieten
  • Förderung von Unternehmen, die auf nachhaltige Geschäftsmodelle und Kreislaufwirtschaft umstellen. Das beinhaltet Fördermittel für Projekte, die Reparatur, Wiederverwendung und Langlebigkeit fördern.
  • Förderung der Erstellung einer Gemeinwohl-Bilanz für Tübinger Unternehmen
  • Berücksichtigung der Gemeinwohl-Ökonomie von Betrieben bei kommunalen Ausschreibungen und Vergaben
  • Schaffung von Anreizen für Unternehmen, die sich der Gemeinwohl-Ökonomie verpflichten, etwa durch öffentliche Anerkennung oder – wenn möglich –  durch steuerliche Vergünstigungen. 
  • Erstellung einer Gemeinwohl-Bilanz für Tübingen

Tübingen hat wie andere attraktive Städte in Deutschland ein Wohnungsproblem. Die Preise sind in den letzten Jahren stark gestiegen und führen dazu, dass viele Menschen, die in Tübingen arbeiten, leben oder für ihre Ausbildung herkommen möchten, sich eine Wohnung in der Stadt nicht mehr leisten können. Wird Tübingen zu einer “Stadt der Reichen”? Das entspricht nicht der Vorstellung und dem Ideal von uns und vielen anderen Menschen in unserer Stadt. Was können wir tun? 

Zur ehrlichen Antwort gehört dazu: Tübingen alleine wird das Wohnungsproblem nicht lösen können. Als attraktive Stadt werden weiterhin Menschen nach Tübingen kommen wollen. Klar ist auch: Wir können gegen diese Nachfrage langfristig nicht anbauen. Weder werden wir die Nachfrage auf absehbare Zeit durch Neubauten stillen können, sodass Preise sinken; noch möchten wir die umliegenden Wiesen und Wälder “zubauen”. Ein solches Bauen verschärft das Artensterben und die Klimakrise. Im Sinne kommender Generationen und unserer Verantwortung fordern wir ein Ende von Flächenversiegelung und eine effektive Raumnutzung. Wir treten ein für den Erhalt des baukulturellen Erbes und die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum im Bestand. Es braucht eine effiziente und ökologische Sanierung sowie die Nutzung nachhaltiger Materialien in kommunalen Projekten. 

Tübingen ist bereits gebaut!

Der Gebäudesektor ist in Deutschland für unglaubliche 40% der gesamten Treibhausgas-Emissionen (THG-Emissionen) verantwortlich! Diese 40% lassen sich unterteilen in Emissionen, die während der Bauprozesse anfallen (10%) und in Emissionen, die durch den laufenden Betrieb der bereits bestehenden Bauwerke entstehen (30%). Die aktuell 10% an den Gesamt-THG-Emissionen, die durch die ständige Bautätigkeit verursacht werden, sind auch schon in den letzten ungefähr 500 Jahren fortlaufend angefallen und stecken in dem, was wir heute unser bauliches Erbe nennen: Städte und Dörfer mit ihren Bauwerken, Infrastrukturen und Außenanlagen. Hierzu gehören nicht nur bemerkenswerte Denkmäler, sondern auch zahlreiche profane, alltägliche und möglicherweise unscheinbare Gebäude. All diese Bauwerke formen gemeinsam unsere gebaute Umgebung, sie beeinflussen und schulen unsere visuellen Vorlieben und unser ästhetisches Empfinden für die gestaltete Umwelt.

Als Klimaliste Tübingen sehen wir es als unsere gesellschaftliche Verantwortung an, das reiche baukulturelle Erbe Tübingens zu erhalten und an künftige Generationen weiterzureichen. ​​Wir fordern eine radikale Bauwende, die den Erhalt und den Ausbau des Gebäudebestands kompromisslos priorisiert, vor Neubauten auf zuvor nicht versiegelten Flächen und vor dem Abriss und dem Neubau von Gebäuden. Gerade der Abriss des Gebäudebestands, der überall in der Stadt zu beobachten ist, muss gestoppt werden. Wir setzen damit nicht nur das bereits im Gebäude gebundene CO2 wieder frei, wir verbrauchen es beim Neubau gleich noch einmal und verursachen so  durch die entstehenden Bau- und Abbruchabfälle ca. 54% des deutschen Abfallaufkommens.

Vor diesem Hintergrund muss auch die Entscheidung, ein neues Hallenbad Süd zu bauen und dafür bestehende und funktionierende Gebäude wie das Hotel am Bad abzureißen, überdacht werden. Um eine anstehende Generalsanierung des Nordbads zu überbrücken, gibt es kreative und kostengünstige Alternativen wie beispielsweise eine Traglufthalle für das Freibad. Eine solche Traglufthalle wird in Gladbeck seit vielen Jahren im Winter eingesetzt. Dadurch ließe sich wesentlich schneller, kostengünstiger und ressourcenschonender eine weitere Wasserfläche für die Winterzeit etablieren. 

Kreislauffähiges Bauen und CO2-Schattenpreis

Für verbleibende, notwendige Bauprojekte der Stadt und ihrer kommunalen Betriebe setzen wir uns für die Nutzung von regionalen, kreislauffähigen und klimapositiven Materialien (z.B. Holz, Hanf oder Flachs) ein. Die Verwendung von Beton muss weitgehend vermieden und auf ein Minimum reduziert werden. 

Wie im Klimaschutzgesetz von Baden-Württemberg empfohlen, setzen wir uns dafür ein, für alle Baumaßnahmen sowie die Beschaffung von Liefer- und Dienstleistungen in eigener Zuständigkeit einen CO2 -Schattenpreis einzuführen. Mit dem CO2-Schattenpreis wird den sogenannten Klimakosten ein Preis pro Tonne CO2 gegeben, der bei der Bewertung der Angebote berücksichtigt werden muss – für 2020 hat das Umweltbundesamt hier 195 Euro empfohlen. Dadurch werden klimafreundliche Produkte, Lösungen und Technologien gefördert.

Bezahlbares Wohnen ermöglichen 

Klar ist: Tübingen muss für alle bezahlbar sein. Eine sich in den letzten Jahren abzeichnende soziale Spaltung der Stadtgesellschaft gilt es zu verhindern. Bei der Verteilung von Wohnraum darf die Mitte der Gesellschaft nicht verdrängt werden von Gesellschaftsschichten, die es sich leisten können, höhere Mieten und Kaufpreise zu bezahlen und so zusätzlich die Preisentwicklung für Wohnraum weiter nach oben schrauben. Der Anteil an preisgedämpften und sozial geförderten Wohnungen in Tübingen muss weiter deutlich erhöht werden. Dabei müssen sich die Bemühungen der Stadt über das Programm “Fairer Wohnen in Tübingen”(mit guten Regelungen für den Neubau) hinaus verstärkt auf den Wohnungsbestand konzentrieren. 

Zur Bezahlbarkeit von Wohnraum trägt auch bei, Spekulationen mit Grund und Boden zu verhindern. Wir setzen uns für eine gemeinwohlorientierte Bodenpolitik ein, bei der Bauflächen als öffentliches Gut der Gewinnorientierung entzogen werden, z.B. über die Vergabe an kommunale oder gemeinnützige Wohnungsunternehmen sowie Genossenschaften oder im Erbbaurecht.

Lebensphasenmodelle und Konzepte für effiziente Raumnutzung

Um dem Problem der Wohnungsnot in Tübingen zu begegnen, muss es möglich sein, den genutzten Wohnraum an die jeweilige Lebensphase anzupassen. Hierzu fehlt es nicht nur an kleineren und bezahlbaren, sondern auch an barrierefreien und pflegegerechten Wohneinheiten. Damit das soziale Umfeld gestärkt wird und erhalten bleiben kann, braucht es solche Angebote dezentral überall in Tübingen und den Teilorten.

Wir setzen uns für den Um- und Ausbau des Gebäudebestands ein: Aus Einfamilienhäusern werden Mehrparteienhäuser, aus zweistöckigen werden dreistöckige Häuser, aus ungenutzten und leerstehenden Räumlichkeiten werden Wohnungen. Wir befürworten das Konzept des Wohnungstauschs und fördern alternative Konzepte, um die bestehenden Ressourcen optimal zu nutzen. Wohnungstausch-Plattformen und ähnliche innovative Modelle bieten die Möglichkeit, Leerstände zu reduzieren und erzeugen Win-win-Situationen für Menschen mit unterschiedlichen Wohnbedürfnissen. Wenn die Kinder aus dem Haus sind, können viele Menschen sich vorstellen, in eine kleinere Wohnung zu ziehen, scheuen aber vielleicht den Aufwand von Wohnungssuche und Umzug – hier können Familien mit Kinderzuwachs in nun zu klein gewordenen Wohnungen auf persönliche und unkomplizierte Weise das passende Gegenstück sein. 

Außerdem unterstützen wir gemeinschaftliche Wohnkonzepte wie Co-Living, Co-Housing, Clusterwohnungen oder Atriumhäuser, bei denen mehrere Parteien gemeinsam genutzte Räume und Ressourcen teilen, um sowohl die soziale Interaktion als auch die Effizienz beim Wohnraum zu steigern. Durch solche innovativen Ansätze fördern wir eine lebenswerte und nachhaltige Wohnkultur in unserer Stadt und möchten die Pro-Kopf-Fläche an Wohnraum auf 40 Quadratmeter reduzieren. Gemeinschaftliche Wohnformen für ältere Menschen mit Räumen für Rückzug und Begegnung können gegen Einsamkeit und idealerweise auch gegen Altersarmut helfen. Ein tolles Praxis-Beispiel hierfür ist das Nonnenmacher-Haus in der Gartenstraße.

5% Sanierungsrate jährlich

Um auch die bei der Gebäudenutzung anfallenden THG-Emissionen möglichst schnell auf Null zu reduzieren, setzen wir uns für eine schnelle und umfassende energetische Sanierung des Tübinger Gebäudebestands ein. Die Stadt selbst hat hier Vorbildcharakter und muss daher mit gutem Beispiel  vorangehen. Gleichzeitig fordern wir ein umfassendes Konzept für die Sanierung der Privatgebäude – im ersten Schritt muss die Stadt den Sanierungsbedarf systematisch erfassen und dann eine Strategie und einen Zeitplan erarbeiten, wie die Sanierung des privaten Gebäudebestandes unterstützt und vorangetrieben werden kann. Flankierend setzen wir uns für eine breit angelegte Kampagne ein, um schließlich eine jährliche Sanierungsrate von mindestens 5% des aktuell sanierungsbedürftigen Gebäudebestands zu erreichen. Hierzu schlagen wir die Fortsetzung, massive Ausweitung  und mediale Bewerbung der von fesa e.V. und dem Klima-Bündnis initiierten “Energiekarawane” vor. Mit dem Fokus auf Quartiere von circa 400 Haushalten findet im Rahmen der Energiekarawane eine kostenfreie Initialberatung direkt am Objekt und durch neutrale sowie qualifizierte Fachleute in Energieberatung statt. Im Fokus stehen dabei die Aufklärung und Informationsvermittlung bei Immobilienbesitzenden, um das Bewusstsein für eine energetische Sanierung zu steigern und sie schließlich zu motivieren, Sanierungen auch umzusetzen.

Spielräume nutzen und sich für echte Veränderungen stark machen 

Ob Verpackungssteuer oder PV-Pflicht in Bebauungsplänen: Tübingen hat bereits vorgemacht, wie rechtliche Spielräume gut genutzt und Regelungen mutig umgesetzt werden können. Diese Haltung braucht es weiter, um die Bauwende in und von Tübingen aus konsequent voranzubringen. Wo immer möglich, müssen in Satzungen und städtebaulichen Verträgen ökologische und soziale Standards verankert werden, die über die derzeitigen gesetzlichen Anforderungen hinausgehen. Nur so kann auch gewährleistet werden, dass entsprechende Ziele wie zum Beispiel im Rahmenplan Waldhäuser Ost bei der Umsetzung nicht verwässert werden.

Wo dem kommunalen Gestaltungsspielraum rechtliche Grenzen gesetzt sind, ist es unsere Aufgabe als Stadt, uns bei Bundes- und Landesregierung für die erforderlichen Anpassungen stark zu machen und diese mit Nachdruck zu fordern.

Unsere Forderungen:

  • Wir unterstützen das Abriss-Moratorium: Der Abriss von Bestandsgebäuden (zumal mit anschließendem Neubau) darf nicht mehr die Regel, sondern muss die absolute Ausnahme sein. Der Abriss von Gebäuden muss immer kritisch hinterfragt werden. Eine Sanierung muss die Vorzugslösung sein, wenn sie technisch möglich ist. 
  • Keine Ausweisung neuer Baugebiete auf Tübinger Gemarkung, keine weitere Flächenversiegelung; das bedeutet auch, die Flächen im “Saiben” unbebaut zu lassen.
  • Überdenken des Südbad-Neubaus und Einbeziehen kreativer Ansätze wie die Errichtung einer Traglufthalle über dem Freibad nach dem Vorbild von Gladbeck
  • Nutzung von kreislauffähigen und klimapositiven, regionalen Baumaterialien, wo immer möglich, und Reduktion von Beton auf ein Minimum
  • Einführung eines CO2-Schattenpreises für kommunale Bauprojekte, wie im Klimaschutzgesetz BW empfohlen
  • Aufnahme von Klima-Kriterien in alle Formen der Raumplanung und Bauplanung 
  • Schaffung von preisgedämpften und sozial geförderten Wohnungen im Bestand
  • Wohnraum schaffen durch die Nutzung vorbelasteter Flächen im Sinne einer qualifizierten Nachverdichtung 
  • Zusammenarbeit mit gemeinnützigen Wohnungsbauunternehmen fortführen und intensivieren
  • Wohnraum schaffen durch Umnutzung leerstehender Büro- und Firmengebäude
  • Beratungs- und Informationsangebot zum Wohnungstausch, Initiieren einer Wohnungstausch-Plattform, Ausbau des Programms OptiWohn / “Haben Sie noch Platz?”
  • Unterstützung von neuen Co-Living- und Co-Housing-Initiativen, sowie Wohnprojekten als generationengerechte, ressourcenschonende, zukunftsweisende Wohnkonzepte.
  • Förderung von Wohnungen für Hochbetagte und Menschen mit Behinderung
  • Förderprogramme der Stadt und Bauaktivitäten der GWG an einer Wohnfläche von 40 qm/Person ausrichten
  • Sanierung aller städtischen Gebäude bis 2030 auf einen Endenergiebedarf von 40 kWh/m².
  • Anstreben einer Sanierungsrate von 5% auf einen Endenergiebedarf von 40 kWh/m², vordringlich ältere und ineffiziente Gebäude, um einen maximalen Einsparungseffekt zu erzielen.
  • Kampagne “Energiekarawane” massiv ausweiten und medial bewerben.
  • Sanierung und klimaneutrale Energieversorgung werden vertraglich oder in kommunalen Satzungen verankert.
  • Bei Sanierungen und Neubauten sollen idealerweise nur noch effiziente Wärmepumpen eingebaut und Solarthermie/Photovoltaik genutzt werden, falls die Gebäude nicht ans Fernwärmenetz angeschlossen werden können.

Etwa ein Fünftel unserer Treibhausgas-Emissionen (THG-Emissionen) entstehen durch die Erzeugung, den Transport und die Kühlung unserer Nahrungsmittel. Zudem ist unsere von Monokulturen geprägte Landwirtschaft mitverantwortlich für das Artensterben und unsere fruchtbaren Böden gehen verloren. Trotzdem taucht dieser Bereich im Klimaschutzkonzept der Stadt Tübingen nur am Rande auf, da diese Emissionen zum großen Teil außerhalb Tübingens entstehen – dort wo die Nahrungsmittel für uns produziert werden. Dennoch ist klar, dass wir Menschen in Tübingen für diese Emissionen verantwortlich sind, deshalb müssen sie bei einer klimagerechten Betrachtungsweise ebenfalls berücksichtigt werden.

Trotz all der Herausforderungen sehen wir im Bereich Landwirtschaft und Ernährung große Potenziale. Mit einer regenerativen Landwirtschaft und einer stärker pflanzenbasierten Ernährung kann die Landwirtschaft in Zukunft zu einem großen Faktor im Kampf gegen die ökologischen Krisen werden. Gerade auf kommunaler Ebene können wir hier vieles in Bewegung setzen!

Regionale Versorgungsnetzwerke stärken

Wir werden regionale Versorgungsnetzwerke stärken. Dadurch schaffen wir Bewusstsein für den Wert der Lebensmittel, sparen Treibhausgase durch kurze Transportwege ein und fördern saisonale Ernährung. Außerdem stärken wir die Resilienz unseres Ernährungssystems, da wir weniger anfällig für globale Krisen werden.

Durch mehr Direktvermarktung können wir auch dafür Sorge tragen, dass die Produzierenden wieder angemessen für ihre Arbeit bezahlt werden. Als Rückgrat eines ökologischen Umbaus der Landwirtschaft brauchen wir Menschen und Betriebe, die von ihrer Arbeit leben und in zukunftsfähige Anbaumethoden investieren können. 

Die Nachfrage nach regionalen und saisonalen Lebensmitteln in Tübingen ist weitaus größer als das aktuelle Angebot. Nur etwas mehr als 270 Personen in Tübingen können derzeit die Möglichkeit nutzen, sich an den zwei vorhandenen solidarischen Landwirtschaften zu beteiligen. Hier verkaufen regionale  Landwirte ihre Produkte direkt und zu angemessenen Preisen an die Mitglieder. Zusätzlich kann durch die solidarische Landwirtschaft die Existenz von kleinen Betrieben geschützt werden. Mit der aktiven Beteiligung der Mitglieder am Anbau von Lebensmittel wird der Bezug  und die Wertschätzung von Lebensmitteln gestärkt. Daher unterstützen wir gezielt landwirtschaftliche Betriebe bei der Gründung und dem Aufbau einer solidarischen Landwirtschaft und helfen bei der Vernetzung mit anderen Agierenden.  

Wir setzen uns für den Aufbau regionaler Versorgungsnetzwerke in Form von Direktvermarktung, Genossenschaften und Solidarischer Landwirtschaft (Solawi) ein. Unser Ziel ist 100% ökologische Landwirtschaft auf städtischen Pachtflächen. 

Tübingen isst gut! 

Ein großer Hebel hinsichtlich der ernährungsbedingten THG-Emissionen, ist die Wende hin zu einer überwiegend pflanzlichen Ernährung. Neben Fleisch und Fisch haben auch andere tierische Produkte wie Milch, Käse oder Eier deutlich höhere Umwelt- und Klimaauswirkungen. Es ist daher klar: Ohne eine umfassende Ernährungswende werden wir die Klimaziele nicht erreichen. Wir unterstützen folglich Initiativen wie den Ernährungsrat.  Vegane Angebote müssen zum Standard in Schulmensen, Kitas, Kindergärten und städtischen Einrichtungen werden. Wo immer möglich, muss die Stadt Tübingen darauf hinwirken, pflanzliche Ernährung zu ermöglichen und zu fördern, beispielsweise in den Mensen und in stadteigenen Kantinen. Vegane Gerichte müssen stets die günstigste Option sein; vegetarische und vegane Gerichte müssen immer an erster Stelle als “Menü 1” ausgewiesen werden.
Wir wollen die Mensen zu Orten machen, die gerne besucht werden. Orte, an denen man Lust bekommt, neues, spannendes – und klimafreundliches – Essen kennenzulernen.

Blühendes Tübingen

Nicht bloß die Umgestaltung der kommerziellen Landwirtschaft bietet große Potenziale. Auch in der Stadt können wir einiges bewirken.

Wir machen Tübingen zur „essbaren” Stadt, indem wir öffentliche Räume für den Anbau essbarer Pflanzen nutzen, die der Stadtgesellschaft zur Verfügung stehen. 

Wir wollen gemeinschaftliche Gartenprojekte (z.B. Quartiers- und Nachbarschaftsgärten oder “Tiny-Farms”) durch Bereitstellung von Flächen und Räumlichkeiten sowie finanzielle Mittel fördern. Solche Projekte bieten uns viel mehr als bloß die Möglichkeit, Nahrung lokal anzubauen. Sie sind Orte der Begegnung und des Austausches. Wir erlernen ein soziales Miteinander und solidarisches Handeln. Wir können sie als Orte für Umweltbildung z.B. in Kooperation mit Schulen und Kindergärten nutzen. Geflüchtete und Zugezogene können hier Anschluss finden und ein Stück ihrer alten Heimat pflanzen.

Als weiteres Projekt der essbaren Stadt wollen wir innerhalb der nächsten Wahlperiode mindestens einen Waldgarten pflanzen. Waldgärten bestehen aus ausdauernden essbaren Pflanzen, die ähnlich einem Wald in verschiedenen Schichten angebaut werden. Sie werden mit der Zeit zunehmend produktiver und erfordern weniger Arbeitszeit zur Erhaltung.

Neben Nahrung bieten sie uns bessere Luft, kühlen unsere Stadt und können nicht zuletzt als Ruheorte in unserer zunehmend hektischen und gestressten Welt dienen. Ein möglicher Standort könnte zum Beispiel der entsiegelte und begrünte Verschiebeparkplatz sein.

Auch alle, die lieber ihr eigenes Stückle, ihren Garten oder Balkon beackern, wollen wir in das Projekt einbeziehen. 79% aller Haushalte in Deutschland verfügen über einen Balkon, eine Terrasse oder Gärten, die insgesamt etwa 900.000 Hektar Fläche haben – immerhin fast vier Mal die Fläche des Saarlandes. Jede dieser Flächen kann zum Anbau von Nahrung oder zum Pflanzen eines „Insekten-Büfetts“ genutzt werden. Das geht ganz einfach, unbürokratisch und ohne wirtschaftliche Zwänge oder Abhängigkeit von politischen Entscheidungen. Fördern kann die Stadt Privatleute zum Beispiel durch das Bereitstellen von größeren Werkzeugen und Gartengeräten zur Ausleihe. Das erhöht deren Nutzungsgrad deutlich und entlastet Haushalte finanziell.

Außerdem möchten wir eine Saatgutbibliothek einrichten. Die Samen werden dazu kostenfrei durch die Bibliothek bereitgestellt. Alle Interessierten können nun die Pflanze auf ihrer Fläche anbauen und tragen Sorge dafür, neue Samen zu gewinnen, die dann wieder der Bibliothek zur Verfügung gestellt werden. 

Das Projekt “essbare Stadt” fördert Wissen über Anbau und Verarbeitung von Lebensmitteln und stärkt die Resilienz unseres Ernährungssystems. Was ist regionaler als die Tomate vom eigenen Balkon? Durch eine ökologische Bewirtschaftung der (Gemeinschafts-)Gärten entstehen Oasen der Biodiversität und Tübingen wird nicht nur zur „essbaren“, sondern auch zur „blühenden” Stadt.

Lebensmittelverschwendung stoppen

Die Klimaliste setzt sich gegen die Verschwendung von Lebensmitteln ein und steht damit im Einklang mit den Ergebnissen des nationalen “Bürgerrats Ernährung”. Übrig gebliebene Lebensmittel in Supermärkten oder Restaurants sollen gespendet oder über passende Apps abgegeben werden. Denn fast ein Drittel aller produzierten Lebensmittel landen im Müll. Diese Verschwendung von wertvollen Ressourcen wie Wasser, Energie und Bodenfläche unterstützen wir nicht. Auch aus Wertschätzung der menschlichen und natürlichen Wertschöpfungskette gegenüber sollten wir alle noch genießbaren Lebensmittel verwerten. Bestehende Foodsharing-Netzwerke wollen wir weiter ausbauen. Wir streben eine Auszeichnung als foodsharing-Stadt an. Damit wird auf kommunaler Ebene eine Vorbildrolle eingenommen und sich auf politischer Ebene gegen Lebensmittelverschwendung eingesetzt. Bei allen Aktionen der Stadt Tübingen oder Veranstaltungen in städtischen Gebäuden müssen sich die Veranstaltenden verpflichten, übrige Lebensmittel weiterzugeben und so keine Lebensmittel zu entsorgen.

Regionale oder sogar in Selbstversorgung erzeugte Lebensmittel haben hier einen doppelten Effekt. Durch die direktere Vermarktung werden weniger Lebensmittel auf Seiten des Handels verschwendet, z.B. durch kurze Transportwege oder Vermarktung auch von „krummem“ Gemüse. Auf Seiten der Verbrauchenden trägt eine größere Wertschätzung der Lebensmittel zu weniger Verschwendung bei. Wir fördern die direkte Belieferung der Endkonsumierenden mit Lebensmitteln von landwirtschaftlichen Betrieben aus der Region.

Unsere Forderungen:

  • 100% ökologische Landwirtschaft auf städtischen Pachtflächen und Förderung solidarischer Landwirtschaft.
  • Stärkung regionaler Versorgungsnetzwerke.
  • Veganes Essen muss in Schulmensen, Kitas und in Kindergärten ein standardmäßiges Angebot sein. Es muss die jeweils günstigste Option sein.
  • Tübingen “essbar” machen durch Förderung von Gemeinschaftsgärten sowie Bereitstellung städtischer Grünflächen für den Anbau von Nahrungsmitteln
  • Tübingen zur blühenden Stadt machen, indem gezielt Grünflächen für Blühwiesen bereitgestellt werden.
  • Schaffung mindestens eines Waldgartens auf Tübinger Gebiet
  • Lebensmittelverschwendung stoppen, indem mehr Orte für Foodsharing geschaffen werden und diese Initiativen kommunal unterstützt werden.

Täglich verschwinden 150 Arten für immer von diesem Planeten – wir befinden uns im größten Massensterben seit dem Aussterben der Dinosaurier. Auch wenn viele von uns mittlerweile so abgestumpft sind, dass diese Zahlen ohne Regung zur Kenntnis genommen werden: Für uns Menschen, die am Ende der Nahrungskette stehen, wird das irgendwann dramatische Konsequenzen haben, wenn wir nicht radikal umsteuern. 

Klar ist, dass auch Tübingen davon nicht verschont bleibt. Artensterben ist kein lokales Phänomen, das nur weit entfernte oder exotische Lebensräume betrifft. Auch bei uns sind viele Arten stark rückläufig und bedroht oder stehen sogar vor dem Aussterben – lokale Umweltorganisationen leisten hier bereits wertvolle und unermüdliche Aufklärungsarbeit.  Deshalb müssen wir auch auf kommunaler Ebene die Prioritäten neu setzen. Artenschutz ist kein lästiges Übel, das wir bei einem Projekt irgendwie abhaken müssen. Artenschutzmaßnahmen sind nicht nur Investitionen, die auf das städtische Ökokonto einzahlen, um als Ausgleich für bauliche Eingriffe zu dienen – der Erhalt der biologischen Vielfalt ist ein Wert an sich! Artenschutz muss im Zentrum unseres Handelns stehen, denn wir sind auf eine lebendige Natur angewiesen.

Artenschutz als Selbstverpflichtung und Selbstverständnis 

Auf kommunaler Ebene gibt es besonders viele Ansatzpunkte zum Erhalt und zur Förderung biologischer Vielfalt und deshalb muss unsere Stadt hier ihrer Rolle als Wegbereiterin und Beispielgebende weiter gerecht werden. Nachdem Tübingen endlich dem Bündnis “Kommunen für biologische Vielfalt” beigetreten ist, müssen die bisherigen Bemühungen nun intensiviert und   weitere Artenschutz-Projekte angestoßen werden. Vor allem aber müssen Erhaltung und Förderung von Biodiversität sowohl Selbstverpflichtung als auch Selbstverständnis des kommunalen Handelns sein.

Bei Zielkonflikten muss der Artenschutz im Rahmen der Einzelfallabwägung deutlich an Gewicht gewinnen. Lebensräume und Populationen zu erhalten, indem Eingriffe vermieden werden und erst gar nicht erfolgen, ist stets einfacher und günstiger als die Durchführung von Ausgleichsmaßnahmen.

In der städtischen Stabsstelle Umwelt- und Klimaschutz ist der Bereich Naturschutz derzeit noch unterrepräsentiert. Um für die Bandbreite an artenschutzrelevanten Aufgaben der Stadtverwaltung im erforderlichen Umfang Begleitung und Impulse geben zu können, fordern wir, den Bereich Naturschutz und Artenvielfalt innerhalb der Stabsstelle deutlich auszuweiten und mit entsprechende Stellen auszustatten.

Lebensräume erhalten und neu schaffen  

Gerade in Anbetracht der aktuellen Klimaveränderungen muss Tübingen stärker zum Schutz der Biodiversität aktiv werden, auch über das Maßnahmenkonzept für das Ammertal sowie die Artenschutzkonzeption hinaus. Es ist dringend erforderlich, den Biotopverbund auszubauen. Zentrale Lebensräume wie Feuchtgebiete, Auwälder, gewässerbegleitende Gehölze, Hecken, Feldgehölze und Obstbäume müssen gezielt erhalten, gefördert oder neu angelegt werden.

Besonderen Einfluss hat die Stadt bei der Verpachtung ihrer eigenen Flächen und muss diesen zur Bewahrung der biologischen Vielfalt auch nutzen. Bei der Vergabe sowie in den Verträgen sind ökologische und naturschutzrechtliche Belange entsprechend zu berücksichtigen. Ergänzend zum Ausschluss von Pestiziden und gentechnisch verändertem Saatgut ist unbedingt darauf hinzuwirken, Feldraine sowie Blühstreifen entlang von landwirtschaftlichen Wegen als Rückzugs- und Verbindungsstrukturen freizuhalten bzw. anzulegen.

Es beginnt im Kleinen

Auch im Tübinger Stadtgebiet finden sich Arten, die landes- oder bundesweit vom Aussterben bedroht, stark gefährdet, gefährdet oder extrem selten sind. Gleichzeitig konzentrieren sich viele Bemühungen der Stadt zum Erhalt der Artenvielfalt auf den Außenbereich, weil es als ungleich schwerer empfunden wird, mit Zielkonflikten und Nutzungsdruck innerhalb des Stadtgebietes umzugehen. Dies wird deutlich am Beispiel der Umgestaltung des Omnibusbahnhofs und der Verkleinerung des Anlagenparks. Hier zeigt sich leider, wie wenig in der aktuellen Stadtpolitik auf Belange des Artenschutzes Rücksicht genommen wird.

Dabei beginnt die Bewahrung der biologischen Vielfalt tatsächlich im Kleinen, nämlich bei Insekten. Sie benötigen insektenfreundliche Beleuchtung, Grünanlagen und Blumenschmuck. Wie es nicht geht, zeigt das neue „Café am See“, das in Richtung Anlagensee nachts und in der Dämmerung für reichlich Lichtverschmutzung sorgt.

Insgesamt müssen wir es schaffen, unsere Stadträume weniger steril zu halten und stattdessen mehr Wildwuchs zu erlauben. Dies gelingt durch Artenschutz am Haus bei allen Gebäudesanierungen, die Verwendung von gebietsheimischem Saat- und Pflanzgut sowie einem konsequent ökologischen Grünflächenmanagement, bei dem Biodiversität im Vordergrund steht.

Unsere Forderungen:

  • Erhaltung und Förderung von Biodiversität müssen Selbstverpflichtung und Selbstverständnis des kommunalen Handelns sein.
  • Erhalt und Schaffung von Lebensräumen für Artenvielfalt (Biotope, Blühwiesen, Gehölzstrukturen, Feuchtgebiete)
  • Absoluter Schutz unserer bestehenden Artenvielfalt-Biotope und Naturschutzgebiete, wie das Käsenbachtal oder der Steinenberg
  • Verbesserung des Biotopverbundes
  • Streuobst-Programm zur Förderung der Pflanzung von Obstbaum-Hochstämmen
  • Berücksichtigung von ökologischen und naturschutzrechtlichen Belangen bei der Verpachtung von kommunalen Flächen
  • Stärkung des Themas Biodiversität in der Stadtverwaltung durch Ausweitung  des Bereichs Naturschutz und Artenvielfalt in der Stabsstelle Umwelt- und Klimaschutz
  • Nicht nur Grüne-Sterne-Betriebe (für Naturschutz im Unternehmen), sondern auch städtische Grüne-Sterne-Gebäude
  • Reduzierung von Lichtverschmutzung und Schaffung von insektenfreundlichen Umgebungen
  • konsequent ökologisches Grünflächenmanagement auf städtischen Flächen

Hitzegefahr eindämmen

Hitze, Dürre und Starkregen erfordern den resilienten Umbau unserer Stadt. Im Zuge der Klimaerwärmung „wandern“ die Städte der Nordhalbkugel gefühlt nach Süden.  So wird das Klima im Berlin des Jahres 2050 dem heutigen Klima in Mailand entsprechen. Auch Tübingen wird gefühlt deutlich nach Süden„wandern“. Der Klimasteckbrief für Tübingen gibt für die zweite Jahrhunderthälfte eine Verfünffachung der Tage mit über 30°C an, im Vergleich zum Zeitraum bis zum Jahr 2000. Tropennächte mit Temperaturen über 20°C wird es nach den Modellen dann ca. 9 im Jahr geben, bis zum Jahr 2000 waren diese praktisch nicht möglich. Besonders Städte erhitzen sich aufgrund des großen Anteils versiegelter Flächen noch einmal deutlich mehr als ihr Umland. Übermäßige Hitze trägt aber zu mehr Stress und weniger Leistungsfähigkeit bei. Gerade für ältere und kranke Menschen, aber auch für Säuglinge, Kleinkinder oder schwangere Menschen kann sie sogar lebensbedrohlich werden. Laut dem Weltklimarat stellt Hitze in Europa und Deutschland das größte Risiko für unsere Gesundheit dar.  Deshalb setzen wir uns für die Erstellung eines Hitzeaktionsplans für Tübingen ein. Die Arbeit des bereits bestehenden Hitzeschutzbündnisses, das vor allem von Menschen aus dem Gesundheitswesen und dem Klima-Aktivismus von “Health for Future” initiiert wurde, unterstützen wir ausdrücklich und setzen uns dafür ein, dass es in die Planungen der Stadt mit einbezogen wird. Zu den Vorkehrungen gegen Hitzewellen zählen unter anderem die Schaffung eines flächendeckenden  Netzes an Trinkwasserbrunnen, ein Konzept, wie besonders belastete und empfindliche Personen- und Berufsgruppen effektiv gewarnt werden können und auch die Schaffung von beschatteten Plätzen und Ruhemöglichkeiten sowie öffentlich zugänglichen kühlen oder klimatisierten Räumen.

„Tübingen macht Park Platz!”

Durch entsprechende Maßnahmen lässt sich das Mikroklima in der Stadt auch an heißen Sommertagen deutlich abkühlen. Dafür muss Tübingen aber noch deutlich „grüner“ und „blauer“ werden – das heißt, wir brauchen mehr Grünflächen und mehr Wasserflächen. Wir brauchen Frischluftschneisen, Parks, Alleen, Waldgärten und grüne Dächer – Flüsse, Bäche, Brunnen, Teiche und Tümpel. Kurzum: ganz Tübingen wird zu einer grünen Parklandschaft! Nicht nur weil das schöner ist, sondern weil es uns alle schützt vor gesundheitlichen Folgen.

Bestehende, teils alte Bäume müssen wir unbedingt schützen. Sie sind unsere Versicherung für die Zukunft. Wir setzen uns deshalb dafür ein, dass Tübingen endlich eine Baumschutzsatzung bekommt, wie sie in vielen anderen Städten bereits umgesetzt wurde (Karlsruhe, Freiburg, Stuttgart, etc.). Für die Pflanzung neuer Bäume brauchen wir eine Task Force in der Stadt und eine Kooperation mit regionalen Baumschulen.

Bodenversiegelung stoppen – Europaplatz entsiegeln und begrünen!

Jeden Tag wird wertvoller Boden zugebaut, betoniert, asphaltiert, gepflastert und befestigt. Dies ist fatal, denn natürliche und nicht versiegelte Bodenflächen sind in mehrfacher Hinsicht wichtig. Sie sind wirksam gegen die Klimakrise und ihre Folgen, gegen Überhitzung, Artensterben und Überflutungen. Deshalb ist unsere zentrale Forderung, keine weiteren Grünflächen durch Neubauprojekte zu versiegeln. Verbleibende Neubauprojekte müssen auf ihre Auswirkungen auf das Stadtklima geprüft werden. Versiegelte Flächen sollen durch Fassadenbegrünung und Dachgärten ausgeglichen werden. Wo es nur geht müssen wir Flächen entsiegeln und neu begrünen – zum Beispiel den Haagtorplatz, den Verschiebeparkplatz oder frei werdende Parkplatzflächen. Da  jede entsiegelte Fläche hilft und es viele Ecken in Tübingen gibt, die begrünt werden können, fordern wir ein öffentliches Vorschlags-Portal zur Erfassung von Flächen, die entsiegelt werden könnten.

Unter anderem setzen wir uns für die Entsiegelung und Begrünung des Europaplatzes im Bereich des alten Busbahnhofs ein. Durch die Gestaltung des neuen Busbahnhofs, die mit einer  Verkleinerung des Anlagenparks und einigen Fällungen alter Bäume einher ging, wurde eine wahre Hitzeinsel geschaffen. Der Boden ist gepflastert oder betoniert und Bäume, die Schatten oder Kühle spenden könnten, sucht man vergebens. Um den Hitzeeffekt zu mildern, setzen wir uns für die Pflanzung eines “Tiny  Forest” auf der Fläche des alten Busbahnhofs am Europaplatz ein: ein Wald mitten in der Stadt. Neben seines kühlenden Effekts bietet er außerdem Lebensraum für viele Pflanzen und Tiere und trägt damit zum Schutz der Artenvielfalt bei. Bäume können außerdem die Luftverschmutzung reduzieren, Staub binden und Lärm mindern – sie sind wahre Wunderwerke der Natur. Ihr Schattenwurf und ihre Verdunstung bringen Kühle in die heißen Städte und wirken sich so direkt auf Gesundheit und Lebensqualität aus. Was wäre, wenn wir als die Generation in die Geschichte Tübingens eingehen würden, die kommenden Generationen einen Wald mitten in der Stadt hinterlassen hat?

Schwammstadt Tübingen

Die Klimakrise bringt den globalen Wasserkreislauf aus dem Gleichgewicht: in Zukunft wird es sowohl mehr Dürren als auch häufigere und deutlich heftigere Starkregenereignisse geben. Um mit beidem besser umgehen zu können, müssen wir Tübingen zur „Schwammstadt“ umbauen. Statt Regenwasser abzuleiten, wird es wie bei einem Schwamm in der Stadt aufgenommen und gespeichert. Diese Reserven helfen dabei, Dürreperioden zu überstehen. Verschiedene Elemente können als „Schwämme“ dienen: entsiegelte Versickerungsflächen mit Begrünung, Bäume, Parks, regendurchlässige Straßenbeläge wie bestimmte  Pflastersteine, Gründächer und natürlich Zisternen und Regentonnen. Als Vorbild kann uns Kopenhagen dienen.

Wir setzen uns dafür ein, Pläne zu entsprechenden Maßnahmen zu entwickeln und Tübingen zur „Schwammstadt“ umzubauen, damit wir bei  Starkregenereignisse keine Katastrophe wie im Ahrtal erleben.

Erlebbare Bäche – “Grünes Forum” Haagtorplatz

Wir wollen, dass die Tübinger Bäche und Flüsse noch besser in die Stadt integriert und erlebbar werden. Deshalb wollen wir Ideen entwickeln, wie die Ammer z.B. im Bereich Universitätsbibliothek als Verweilort umgestaltet werden kann.

Die positiven Erfahrungen, die im Jahr 2023 bei der zeitweiligen Umgestaltung des Haagtorplatzes gemacht wurden, wollen wir als Anstoß für eine dauerhafte Neugestaltung aufnehmen.

Der Haagtorplatz soll zum “Grünen Forum” werden: Wir fordern eine Entsiegelung der Parkflächen und möchten durch Sitztreppen einen Zugang zum Ammerkanal schaffen. 

Durch die Pflanzung weiterer Bäume wird der Platz auch an heißen Sommertagen Schutz vor Hitze und starker Sonneneinstrahlung bieten. Es wird ein öffentlicher Trinkbrunnen eingerichtet oder die Trinkwasserqualität am bestehenden Brunnen sichergestellt. Angebote wie ein Tauschregal und Bewegungselemente sorgen für Belebung. Im Schatten gibt es Möglichkeiten zum Sitzen und Ausruhen. Wasserlauf und Grünflächen schaffen ein angenehmes Stadtklima.

Im Herzen Tübingens entsteht so ein Treffpunkt, der als Modell-Ort für klimaresilienten Stadtumbau Impulse für eine grüne Zukunft schafft.

Unsere Forderungen:

  • Erhalt von gewachsenem Baumbestand für Klimaresilienz und Schaffung neuer Grün- und Wasserflächen sowie Pflanzung von Bäumen im Stadtgebiet
  • Erlass einer Baumschutzsatzung
  • Entsiegelung des Europaplatzes und Begrünung durch einen “Tiny Forest”.
  • Entsiegelung weiterer Flächen wo immer möglich (Haagtorplatz, Verschiebeparkplatz, frei werdende Parkflächen) und die Schaffung von grünen Inseln der Artenvielfalt und des Stadtklimas
  • Fassadenbegrünung mit Verdunstungs- und Kondensationsflächen für städtische Gebäude vorschreiben und für private und gewerbliche Gebäude fördern (bioklimatische Stadt)
  • Erstellung eines Hitzeaktionsplans für Tübingen – Einbeziehung der Bevölkerung über eine “Mitmachkarte Hitzeschutzplan” nach dem Vorbild des Landkreises Breisgau-Hochschwarzwald
  • Schaffung und Ausschilderung öffentlicher Trinkbrunnen im gesamten Stadtgebiet
  • Schaffung und Ausschilderung von öffentlich zugänglichen klimatisierten Räumen zum Schutz vor Überhitzung
  • Aufenthaltsqualität steigern und Begegnungsräume schaffen durch erlebbare Bäche und Plätze, die zum Verweilen und zum sozialen Austausch anregen.