Die Vorlage und die Debatte hier im Rat zeigen uns deutlich, dass nicht verstanden wurde, welche dramatischen Entwicklungen sich derzeit auf unserem Planeten abspielen. Seit 15 Monaten in Folge haben wir die Grenze von 1,5 Grad globaler Erwärmung überschritten. Die Situation in den Ozeanen ist noch alarmierender: Seit Beginn des Jahres 2023 verzeichnen wir dort Temperaturwerte, die jenseits aller bisher bekannten Messungen liegen. Diese rasante Entwicklung war selbst von Fachleuten in diesem Ausmaß nicht vorhersehbar und hat gravierende Konsequenzen für unsere Umwelt und Gesellschaft.
Ein wesentlicher Treiber dieser Entwicklungen sind nicht nur fossile Brennstoffe, sondern auch der immense Flächenverbrauch, der sich zusätzlich negativ auf die Artenvielfalt auswirkt. Während die Landesregierung Baden-Württemberg das Ziel formuliert hat, bis 2035 Netto-Null Flächenverbrauch zu erreichen, verlieren wir aktuell täglich Flächen in der Größenordnung von sechs bis sieben Fußballfeldern.
Unsere Kritikpunkte an der Vorlage:
- Bauen auf der „grünen Wiese“ mit Versiegelung ohne Entsiegelung anderer Flächen: Die Planung neuer Bauprojekte, insbesondere auf bisher unversiegeltem Boden, widerspricht dem Ziel eines Netto-Null Flächenverbrauchs. Es fehlt an klaren Maßnahmen zur gleichzeitigen Entsiegelung anderer Flächen.
- Verlust landwirtschaftlicher Nutzflächen: Der Landwirtschaft werden Flächen entzogen, die für die lokale Nahrungsmittelproduktion unverzichtbar sind. Gerade angesichts der Klimakrise und absehbarer Störungen in der Nahrungsmittelversorgung ist der Schutz dieser Flächen essenziell.
- Ausweisung zusätzlicher Gewerbegebiete: Dies erhöht nicht nur den Druck auf den Wohnungsmarkt und die Verkehrsinfrastruktur, sondern fördert auch weitere Flächenversiegelung und Belastungen für die Umwelt.
- Planung von Einfamilienhäusern: In der heutigen Zeit, insbesondere 2024, ist die Planung von Einfamilienhäusern nicht mehr zu rechtfertigen. Diese Wohnform verbraucht unverhältnismäßig viele Ressourcen und Flächen und steht im Widerspruch zu den Anforderungen an sozialen Wohnungsbau.
- Weitere negative Auswirkungen: Die Vorlage berücksichtigt nicht die Eingriffe ins Grundwasser, die Zerstörung von Kaltluftentstehungsgebieten und den Verlust wertvoller Lebensräume geschützter Arten.
Angesichts dieser Punkte lehnen wir die Vorlage entschieden ab. Sie widerspricht den Klimazielen, den Prinzipien einer nachhaltigen Flächennutzung und der notwendigen Anpassung an die Klimakrise. Es braucht dringend eine Politik, die den Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen in den Vordergrund stellt.
Link zur Vorlage: https://www.tuebingen.de/gemeinderat/vo0050.php?__kvonr=17543